Nach Kritik während EURO

Geht es den ORF-Experten jetzt an den Kragen?

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Die Fußball-Experten des ORF sollen evaluiert werden.

Live-Sport wird auch in den nächsten Jahren eine der wesentlichen Säulen des ORF-Programmangebots im Fernsehen bleiben. Das kündigen der amtierenden ORF-Chef Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl in ihren Bewerbungsunterlagen um den Posten des ORF-Generaldirektors an.

"Live-Sport ist wesensmäßig ein zeitgebundenes lineares Angebot und ist nicht durch nonlineare Plattformen bedroht. Große Sportereignisse aus österreichischer Sicht darzustellen ist auch ein Alleinstellungsmerkmal und erhöht die Unverwechselbarkeit des ORF", erklärt Wrabetz. Die Strategie, sich bei nationalen und internationalen Sportrechteveranstaltern als schlagkräftiger und verlässlicher Partner zu positionieren, habe dazu geführt, dass sich der ORF in einem sehr kompetitiven Markt zu vertretbaren Konditionen viele der wesentlichen Sportereignisse sichern kann, insbesondere in den Bereichen Wintersport, Fußball und Formel 1. "In vielen wesentlichen Bereichen ist das Rechteportfolio gesichert. Einzelne wichtige Verträge müssen jedoch in den nächsten zwölf Monaten geklärt werden. Dies betrifft den Vertrag mit dem ÖSV und der Österreichischen Bundesliga", so Wrabetz.

Kooperation mit ATV

Aufgrund des harten Wettbewerbs um die TV-Rechte hält Wrabetz "im Einzelfall" das Teilen von Rechten mit österreichischen Privatsender, wie es etwa zuletzt mit ATV bei den Gruppen-Parallelspielen der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich praktiziert wurde, für eine "sinnvolle Kooperations-Möglichkeit". Premium-Sport will der ORF-Chef künftig auch öfter auf dem Spartenkanal ORF Sport + zeigen. Voraussetzung dafür sind aber rechtliche Adaptierungen.

Umschichtung finanzieller Mittel

Wrabetz' Herausforderer Grasl will beim Live-Sport auf die Highlights und quotenstarken Sendungen "Fußball (Nationalteam, Bundesliga, Champions League, Cup und Fußball-Großereignisse wie WM und EM), alpiner Skisport, Skispringen und Olympische Spiele" setzen. Die entsprechenden Sportrechte sollen "prioritär für den ORF gesichert werden". Punkto Formel 1, der Grasl schon in der Vergangenheit kritisch gegenüber stand, gibt sich der Finanzchef zurückhaltender: "Die Übertragungen der Formel 1 konnten bis 2020 gesichert werden. Dafür zahlt der ORF durch den Druck, der seitens der Kaufmännischen Direktion aufgebaut wurde, deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Dennoch soll dieser Vertrag 2018 ergebnisoffen überprüft werden, ob eine Umschichtung finanzieller Mittel zu anderen Programmflächen nicht sinnvoller ist, da die Attraktivität der Formel 1 zuletzt stark abgenommen hat."

In Vorbereitung auf die Kooperation im neuen crossmedialen Sport-Newsroom will Wrabetz multimediale Schlüsselprojekte wie die Fußball-App oder die Ski-App fortsetzen und die Zusammenarbeit zwischen dem Sport-Channel von ORF On, dem Radiosport und dem TV-Sport vertiefen und intensivieren. Einen Schwerpunkt will Wrabetz auch dem Thema Journalistinnen im ORF-Sport widmen. Beim Spartensender ORF Sport +, den Wrabetz mit einem "hohen Level an Eigenproduktionen" auf gutem Kurs sieht, setzt der ORF-Chef auf die Zusammenarbeit mit den Landesstudios sowie die "Erprobung besonders kosteneffizienter Produktionsmethoden".

Samstag-Abend-Sportsendung

Grasl führt in seinem Konzept neben der Verlegung der täglichen aktuellen Sportsendung von ORF 2 auf ORFeins auch eine Reihe weiterer Ideen zur Sportberichterstattung an. "Eine Samstag-Abend-Sportsendung auf ORF eins soll die wichtigsten Ereignisse des Samstags inklusive einer Vorschau auf den Sonntag bringen. Dabei sind - wenn rechtlich künftig möglich - die Fußball-Bundesligaspiele ebenso wie Matches auf internationaler Ebene zu berücksichtigen", so Grasl. Und: "Sport + erhält einen völlig neuen, kostengünstigeren Produktionsstandard. Damit können deutlich mehr Randsportarten in das Programm gebracht werden. Die Umstrukturierung der Technik macht diese Effizienzsteigerung bei Sport plus möglich. Dadurch könnten meines Erachtens um ein Drittel mehr Live- oder Near-to-live-Sportevents zu gleichen Kosten übertragen werden."
 

ORF-Experten

Die Sportredaktion soll darüber hinaus eine eigene Social-Media-Strategie entwickeln, um für Fans den Rückkanal beziehungsweise die Vernetzung zu erleichtern. "Zumindest ist bei Live-Events ein Hashtag einzublenden, unter dem die Debatten auf Twitter kanalisiert werden, an denen dann auch ORF-ExpertInnen, KommentatorInnen und ModeratorInnen teilnehmen", schreibt Grasl. Daneben würde der Finanzdirektor "eine Evaluierung unserer ExpertInnen vornehmen, die transparent dem Publikum vorzustellen ist. Gerade bei den jüngsten Großevents hat es an einigen von ihnen immer wieder Kritik gegeben." Grasl spielt damit offenbar an den einen oder anderen ORF-Experten bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich an.
 

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