Toronto Raptors

Jakob Pöltl träumt vom NBA-Titel

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Unser Basketball-Export greift mit seinem Team nach den Sternen.

Jakob Pöltl liegt mit seinen Toronto Raptors vor dem letzten Viertel der regulären NBA-Saison in der Eastern Conference auf Rang eins. Dort will der Wiener auch bis zum Start der Play-offs bleiben. "Das ist sehr realistisch. In meinen Augen sind wir im Moment der Favorit, das auch zu halten", erklärte Pöltl im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.

Er selbst hat mit Torontos Reservisten großen Anteil am aktuellen Erfolgslauf. Die "zweite Fünf" der Raptors gilt als die stärkste der Liga. "Wir haben diese Identität entwickelt, und mit dem Selbstvertrauen spielen wir auch", meinte Pöltl.

Im Gegensatz zum Vorjahr, als er als NBA-Neuling im Play-off nicht immer zum Einsatz kam, will der 22-Jährige diesmal auch in der entscheidenden Saisonphase aufzeigen. "Die guten Spieler können da noch einmal einen Zahn zulegen, das nehme ich mir selbst auch vor", sagte Pöltl. "Ich will noch einmal stärker spielen, noch einmal intensiver und noch einmal mehr Energie bringen."

Im Play-off wird die Rotation üblicherweise gekürzt, die Stars erhalten mehr Einsatzzeit. Pöltl geht davon aus, dass Torontos Ersatzleute aber weiter ihre Chance erhalten. "Ich weiß, dass ich meine Leistung bringen muss." Das Ziel? "Dass ich die Coaches fast dazu zwinge, mich auf dem Spielfeld zu lassen."

Einige Argumente hat Pöltl in dieser Saison bereits geliefert. Seine 65,4 Prozent Trefferquote aus dem Feld sind ein Spitzenwert, dazu überzeugte der 2,13-Meter-Mann zuletzt in drei Spielen in Folge mit je drei geblockten Würfen. Mit 3,5 Blocks pro 48 Minuten Einsatzzeit ist er die Nummer sechs der NBA. "Das sagt schon etwas aus."

Pöltl zeigt sich stark verbessert

Durch mehr und konstantere Einsatzzeiten habe er "ein besseres Gefühl für die Timings" bekommen, erklärte Pöltl. "Ich bin kein Highflyer, ich nutze mein Gehirn. Ich schaue, dass ich es gescheit mache und mich im richtigen Moment richtig platziere, um dann Blocks zu bekommen." Die müssen nicht immer spektakulär sein. "Aber es hilft uns als Team."

6,8 Punkte und 4,6 Rebounds holt der Österreicher durchschnittlich pro Spiel. Viele Dinge, die Trainer und Mitspieler an ihm schätzen, sind aber schwer in Statistiken messbar. "Ich kenne meinen Wert in der Defense", sagte Pöltl. "Darauf bin ich schon stolz." Auch wenn es immer noch Spiele gebe, mit denen er weniger zufrieden sei. "Wenn ich Fehler gemacht habe, dann geht mir das auch auf die Nerven."

Die Fehler gilt es im Saisonfinish zu minimieren. Bis zum Play-off-Start am 14. April geht es noch zweimal gegen Boston und Cleveland, die beiden ersten Verfolger im Osten. "Es wäre wichtig, vorne zu bleiben", erklärte Pöltl. "In den ganzen Play-offs Heimvorteil zu haben, wäre eine sehr coole Sache."

"Finale noch sehr weit weg"

Zumal die Raptors weiter von ihrem ersten NBA-Titel träumen. Im Vorjahr war Toronto in der zweiten Play-off-Runde vom späteren Finalisten Cleveland um LeBron James mit 4:0 abgefertigt worden. "Dieses Jahr schauen die Chancen besser aus", meinte Pöltl. Dennoch sei das Finale auch im Kopf noch sehr weit weg. "Ich denke gar nicht viel darüber nach. Es ist noch nicht so real." Das werde sich zum Play-off-Start wahrscheinlich ändern. "Aber NBA-Champion - wie das wäre, kann ich mir im Moment noch nicht vorstellen."

Nächster echter Gradmesser ist am Freitag Liga-Spitzenreiter Houston. Pöltl: "Sie spielen den besten Basketball in der NBA im Moment." Titelfavorit Nummer eins sei aber weiter Meister Golden State. "Das ist das Team, das es zu schlagen gilt." Im Westen hat er auch noch San Antonio und eventuell Oklahoma City auf der Rechnung, im Osten neben Boston vor allem Cleveland.

Die Cavaliers sind im Umbruch, haben in dieser Saison bereits 26 Spiele verloren. "Man muss sie trotzdem zu den Titelfavoriten zählen", betonte Pöltl. "Man weiß, dass sie es bringen können, wenn es darauf ankommt. Ein Spieler wie LeBron macht sein Team dann auch entsprechend besser."

"Ich fühle mich sehr frisch"

Vor dem Play-off-Start bekommt er noch einmal Besuch von der Familie. Für Zeit mit Freunden bleibt danach weniger Zeit, dazu geht es noch ein bisschen früher ins Bett als sonst. Für die physische Belastung sieht sich Pöltl gerüstet. "Ich fühle mich im Moment sehr frisch." Dementsprechend hat der ÖBV-Center - abhängig u.a. davon, wie weit die Raptors in den Play-offs kommen - auch den Nationalteam-Sommer im Visier.

"Im Moment plane ich schon in die Richtung", sagte Pöltl trotz nur noch minimaler Aufstiegschancen über die WM-Quali-Spiele in Deutschland (29. Juni) und Georgien (2. Juli). "Ich würde gerne spielen. Es geht auch nicht nur um die WM-Qualifikation, sondern auch darum, für die Zukunft etwas aufzubauen."

Ein Baustein dafür könnte Luka Brajkovic sein. Der 18-jährige Vorarlberger, das größte heimische Talent, hat sich für das US-College Davidson entschieden, das einst auch Pöltl umworben hatte. "Es hat sich ganz gut angehört. Ich habe durchaus darüber nachgedacht", erinnerte sich Pöltl an das Angebot. Er entschied sich aber für Utah und die größere Pac-12 Conference. Davidson spielt in der Atlantic-10. "Ich kann mir vorstellen, dass das gut für ihn passen wird."

Pöltl schwärmt von Hirscher

Brajkovic war in der 2. Bundesliga bei Dornbirn zuletzt von zwei NBA-Scouts beobachtet worden. Als Türöffner fühlt sich der erste heimische NBA-Profi aber nicht - auch wenn er das für die Zukunft gerne wäre. "Die Scouts waren schon eher dort, weil er gut spielt. Luka hat es geschafft, seinen eigenen Weg zu gehen. Er hat sich selbst nach oben gekämpft. Und er hat, so wie ich auch, noch einen weiten Weg vor sich."

Längst ganz oben angekommen ist Marcel Hirscher. Pöltl sind die jüngsten Erfolge des Skistars - Doppelgold bei Olympia und der neuerliche Gewinn im Gesamtweltcup - nicht entgangen: "Zum siebenten Mal in Folge, nachdem er am Anfang der Saison auch noch verletzt war, das ist sowieso eine Frechheit." Schon bevor er selbst 2014 in die USA übersiedelt war, habe sich Hirscher einen Namen gemacht. "Jetzt ist er immer noch ganz oben jedes Jahr, das ist schon ein Wahnsinn."

Das heimische Sportgeschehen verfolgt Pöltl sonst hauptsächlich dann, wenn es "Big News" gibt - bei Olympia, Fußball-Großereignissen, Turniersiegen von Tennisstar Dominic Thiem oder einer Ski-WM. "Es wird noch ein bisschen dauern, bis der Basketball das Skifahren in Österreich ablöst", meinte der Wiener. "Aber vielleicht schaffen wir es irgendwann einmal einen Tag im Rampenlicht." Das NBA-Finale wäre eine Gelegenheit.

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