Domingo zog einen Vergleich zwischen der Coronavirus-Pandemie und dem 11. September 2001: ''Der 11. September war ein plötzlicher Messerstich für die Welt. Diese Pandemie erstickt langsam die Welt''
Rom. Der an Covid-19 erkrankte und inzwischen genesene Opernsänger und Dirigent Placido Domingo hat während seiner Krankheit an das Schlimmste gedacht. "Zeit und Raum sind endlos, wenn man nur darauf wartet, seine Liebsten wieder zu umarmen. Doch während der Krankheit und der Genesungsphase habe ich begonnen, das Leben mit neuen Augen zu sehen", sagte der Künstler.
"Ich habe begonnen, allen Dingen den richtigen Wert zu geben. In jedem Land beklagt man tausende Tote, auch in meiner Heimat Spanien. Allein sterben zu müssen, ohne Angehörige an der Seite zu haben, ist der unmenschlichste Aspekt dieses Virus", sagte der 79-Jährige im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Sonntag).
Domingo zog einen Vergleich zwischen der Coronavirus-Pandemie und dem 11. September 2001. "Der 11. September war ein plötzlicher Messerstich für die Welt. Diese Pandemie erstickt langsam die Welt, wie ein undurchsichtiger Nebel, der den Kranken die Luft nimmt und unser Leben zerstört", sagte Domingo.
Die Zukunft betrachtet Domingo als ungewiss. "Das Virus hat ganze Theatersaisonen ausradiert, die viel Arbeit gekostet haben. Sämtliche Auftritte sind abgesagt worden. Aber ich bin sicher: Die Zeit für die Oper wird wieder kommen und der Besuch eines Theaters wird noch spannender sein. Zuerst müssen wir aber den Tunnel der Pandemie durchqueren", sagte der Sänger.
Ende August wird Domingo in der Arena von Verona auftreten. Hier sollen wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen nur 1.000 Zuschauer zugelassen werden. "Der Gedanke, wieder in meiner geliebten Arena singen zu dürfen, erfüllt mich mit Freude", sagte Domingo, der unter anderem Verdis Gefangenenchor "Va Pensiero" aus der Oper Nabucco in der Arena anstimmen wird.
Domingo sprach gegenüber dem "Corriere della Sera" auch von den Anschuldigungen des sexuellen Fehlverhaltens, die gegen ihn erhoben wurden. Der Tenor hatte sich im Februar bei seinen mutmaßlichen Opfern entschuldigt. Er habe sich nie aggressiv gegenüber irgendjemandem verhalten oder etwas getan, um "die Karriere von irgendjemandem zu behindern". "Und das hat auch eine interne Untersuchung der Oper von Los Angeles bestätigt", sagte Domingo.