Er hat als erster Mensch alle 14 Achttausender der Welt bestiegen, als erster den Mount Everest ohne Sauerstoff und später sogar allein bezwungen: Reinhold Messner hat Unglaubliches gewagt und bestanden. Er fasziniert - und stößt zurück: Extrem in allen Dingen polarisiert er wie kaum ein anderer. Am 17. September wird der frühere Extrembergsteiger 65 Jahre alt.
Messner, der sich am liebsten Grenzgänger nennt, ist auch Autor, Biobauer, Politiker, Museumsgründer und Medienprofi. Für die Grünen saß er fünf Jahre im Europaparlament, in Sulden am Ortler züchtet er Yaks, als Experte für Risikomanagement wird er zu Vorträgen geladen. Mit Menschen aus der Wirtschaft steigt er auf Berge, auch mit Angela Merkel ging er wandern. Er habe auch wissenschaftliche Arbeit geleistet, sagt er, nämlich als er den Schneemenschen Yeti als Bären enttarnte.
Derzeit steht sein Bergmuseumsprojekt vor der Vollendung. Um seinen Geburtstag ist Messner, der kürzlich seine Lebensgefährtin Sabine Stehle - die Mutter der drei gemeinsamen Kinder - geheiratet hat, viel unterwegs, bei Vorträgen und Medienauftritten. Er stellt ein neues Buch vor, und zu Jahresbeginn soll der Film "Nanga Parbat" über die Expedition 1970 herauskommen, bei der sein Bruder Günther starb.
Was den Lehrersohn aus Villnöss in Südtirol zu seinen Höchstleistungen brachte, ist vielen ein Rätsel. Krankhafter Ehrgeiz und Egoismus hätten ihn getrieben, sagen Kritiker. "Das Ego aber ist keine Krankheit", reagiert Messner in seinem neuesten Buch "Westwand". "Es ist nur in kranken Gesinnungsgemeinschaften eine Sünde, seinen eigenen Weg und nicht den der Herde zu gehen." Er stelle eben hohe Ansprüche an sich selbst. Seine eigentliche Leistung sei es gewesen, zu überleben. "Viel bessere Kletterer als ich sind unbekannt geblieben, weil sie viel zu jung umgekommen sind."
Einen Meilenstein setzte Messner mit Peter Habeler 1978 mit der Besteigung des 8848 Meter hohen Mount Everest ohne Sauerstoffgerät. Ärzte hatten gewarnt, das werde zu Hirnschäden führen. Zwei Jahre später brach er mit seinem Alleingang zum höchsten Berg der Welt noch einmal Tabus. Später findet er eine Herausforderung in extremen Fußmärschen. Mit Arved Fuchs etwa legt er in 92 Tagen 2.800 Kilometer zu Fuß über den Südpol zurück, ohne Hunde- oder Motorschlitten. Möglichst wenig Hilfsmittel: Das ist sein Markenzeichen - und sein Maßstab. Nach einem Unglück am Mount Everest 1979 plädierte er dafür, die Besteigung mit Sauerstoffgeräten zu verbieten, um die Menschen vor der "tödlichen Abhängigkeit von der Technik" zu schützen.
Messner weiß sich zu inszenieren, mit seinen Auftritten begeistert er Millionen - und verärgert mit seiner Art manchen, der mit ihm zu tun hat. Bescheiden und altersweise gibt sich Messner zu seinem 65. Geburtstag: "Ich habe dasselbe Problem mit dem Älterwerden wie andere Leute auch. Ich bin ja ein ganz normaler Mensch. Ich stehe dazu, dass ich langsamer und ungeschickter werde." Zugleich kündigt er große neue Pläne an: "Ich werde im nächsten Jahr wieder auf Expedition gehen - nicht um einen großen Berg zu besteigen, sondern um eine neue Lebensphase zu beginnen." Es gehe - was sonst - um eine Tätigkeit, "die mich zu neuen Grenzgängen anregt".