Tschechischer Teamchef war vor allem mit der Leistung in der Anfangsphase zufrieden und verteidigt seine Arbeitsweise.
Am Tag nach dem letzten Länderspiel des Jahres hat der österreichische Fußball-Teamchef Karel Brückner eine zwiespältige Bilanz gezogen. Dem Tschechen gefiel beim 2:4 im Wiener Happel-Stadion gegen die Türkei zwar die Darbietung in den ersten 35 Minuten, dafür ärgerte er sich über Fehler in der Defensive, die letztlich zur klaren Niederlage führten.
Offensive als Todesstoß
"Wir haben fast während der ganzen
ersten Hälfte eine gute Leistung gebracht, aber dann waren zwei gegnerische
Angriffe für uns so gefährlich, dass sie den Spielstand geändert haben.
Deswegen mussten wir dann offener spielen, doch das geht nicht gegen einen
so großen Gegner", analysierte der 69-Jährige, für den die Türken
"individuell und spielerisch klar besser" waren.
Glück fehlte
Seine bisherige ÖFB-Bilanz mit einem Sieg, zwei
Remis und drei Niederlagen ist für Brückner zumindest teilweise die
Konsequenz aus der Qualität der Kontrahenten. "Wir haben gegen erstklassige
Mannschaften wie Italien, Frankreich, Serbien oder Türkei gespielt. Wenn man
da Erfolg haben will, braucht man nicht nur eine gute Leistung, sondern auch
Glück."
Das 1:1 auf den Färöern wollte der Teamchef nicht beschönigen ("Dieses Spiel hätten wir gewinnen müssen"), Kritik am 0:2 in Litauen ließ er aber nicht gelten. "In diesem Spiel habe wir eine taktisch sehr gute Leistung geboten."
Konzentration auf Abwehr
Der frühere tschechische Nationalcoach
möchte sich vor dem nächsten Länderspiel am 11. Februar 2009 in Wien oder
Graz gegen Schweden vor allem auf die Stabilisierung der Abwehr
konzentrieren. "Dort wird unser Hauptaugenmerk liegen." An eine
Systemänderung denkt Brückner nicht. "Wir werden weiter beim 4-2-3-1
bleiben, weil das zur Mannschaft passt. Wir haben mit Janko, Okotie und
Maierhofer drei gute Spitzenstürmer und einige gute Außenstürmer."
Kein Gedanke an Rücktritt
Der Coach ließ keinen Zweifel
daran, dass er auch gegen Schweden auf der Bank sitzen will. Der Frage, ob
er seinen bis zum Ende der WM-Qualifikation im Herbst 2009 laufenden Vertrag
auch zu erfüllen gedenke, wich er allerdings aus. "Es wird Gespräche mit dem
ÖFB geben."
Kritik abgewiesen
Kritik an seiner Arbeitsweise wies Brückner
jedoch entschieden zurück. Er habe allein in den vergangenen Wochen 113
Aufnahmen vom ÖFB-Team oder dessen Gegnern gesehen. "Das ist alles
belastend, ich habe auch nur eine eingeschränkte Aufnahmekapazität. Aber das
ist wichtiger für mich, als mit einem Anzug in den VIP-Club zu gehen",
betonte der Coach und holte weiter aus: "Ich kenne viele Trainer, die sind
jeden Sonntag mit der Krawatte auf dem Platz, aber sie haben noch nie eine
Analyse gemacht, sie sehen keine Aufnahmen. Für mich ist die Arbeit Analyse."
Kein Problem mit Druck
Mit dem größer werdenden Druck hat
Brückner nach eigenen Angaben kein Problem. "Das kenne ich schon seit fünf
Jahren, das war auch in den tschechischen Medien immer ein beliebtes Thema.
So etwas ist normal, das beginnt, wenn man einen Vertrag unterschreibt. Alex
Ferguson ist der einzige Trainer, der eine feste Position hat", behauptete
der Tscheche, der gemeinsam mit seinen Assistenten Andreas Herzog und Jan
Kocian in den kommenden Wochen noch einige Liga-Partien besuchen wird.
Herzog spricht Klartext
Während sich Brückner mit allzu heftiger
Kritik an den Spielern zurückhielt, fand Herzog deutliche Worte. "Die
Leistung war 30 Minuten lang gut, aber man muss eben 90 Minuten lang
hochkonzentriert sein", sagte der ÖFB-Rekordspieler und bemängelte den
Rückfall in alte Abwehr-Schwächen. "Wir haben in diesem Jahr mit sieben
Gegentoren in Heimspielen begonnen (Anm: 0:3 gegen Deutschland, 3:4 gegen
die Niederlande) und mit sieben Gegentoren in Heimspielen (1:3 gegen
Serbien, 2:4 gegen die Türkei) aufgehört, und dann reden wir über die
Qualifikation für die WM. Davon kann man nicht einmal träumen."
Der Wiener nahm die Kicker in die Pflicht. "Alle Spieler müssen wissen, dass sie jede Trainingseinheit dazu benützen sollen, um sich zu verbessern." Selbst wenn die WM-Quali so gut wie gelaufen sei, "muss jeder schauen, dass wir im nächsten Jahr erfolgreich sind und wir wieder mehr Anerkennung im Ausland haben. Damit die Legionäre nicht wieder ausgelacht werden, weil wir in der Weltrangliste zwischen Platz 90 und 105 herumkrebsen", forderte Herzog.
Der Brückner-Assistent prangerte den plötzlichen Rückfall nach dem ersten Gegentor an ("Da haben wir einen Toten zum Leben erweckt") und hat einige "Baustellen" im Team ausgemacht. "Wir müssen uns im Abwehrverhalten und in der Chancenauswertung verbessern und nicht nur auf die Standard-Situationen schauen."
Spieler ohne Stolz?
Kocian, der wie Herzog den Auftritt des
zweifachen Torschützen Andreas Hölzl als Lichtblick einstufte, appellierte
an den Stolz der Spieler. "Es muss für jeden eine Ehre sein, für sein Land
zu spielen. Auch wenn die Qualifikation fast vorbei ist, müssen wir den
Funken aufrechterhalten, das noch etwas möglich ist", erklärte der Slowake.
Einmal mehr verteidigte Kocian die eher defensiv ausgerichtete Taktik seines Chefs. "Man muss sich die Frage stellen, ob es besser ist, wenn wir das Spiel machen oder abwarten. Ich denke, für uns ist es besser, wenn wir tief stehen. Wir haben das Spielermaterial für Konter, aber wenn wir selbst das Spiel machen müssen, haben wir Probleme."