Nach Sieg in Spa

Vettel schon in einem Monat Weltmeister?

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Läuft alles nach Plan, kann Vettel in Singapur Titelverteidigung perfekt machen.

Nach dem eindrucksvollen Comeback-Sieg von Sebastian Vettel in Spa hisst die Konkurrenz praktisch die weiße Fahne. Schon in vier Wochen in Singapur kann der Red Bull-Pilot vorzeitig und wieder Formel-1-Weltmeister sein. Nur Vettel selbst will trotz seiner sieben Saisonsiege über dieses Thema noch immer nicht sprechen. "Der Blick auf unseren Vorsprung freut uns, aber wir werden uns nicht darauf ausruhen", sagte der 24-jährige Titelverteidiger und beteuerte, in Belgien nicht an die WM gedacht zu haben.

Und jetzt kommt Monza...
"Der WM-Titel liegt in der Luft", befand selbst die "Gazzetta dello Sport" aus dem Ferrari-Land Italien. In zwei Wochen steht dort das Heimrennen der Scuderia an. An die Strecke in Monza hat Vettel aber auch allerbeste Erinnerungen: Dort holte er 2008 noch im Toro Rosso seinen ersten Formel-1-Sieg. "Wir werden kämpfen bis zum Schluss, aber man muss realistisch sein", meinte Ferrari-Star Fernando Alonso eher kleinlaut. Der Rückstand des zweimaligen Weltmeister wuchs nach Platz vier in Belgien auf 102 Punkte an.

WM-Titel in Griffweite
Selbst wenn Vettel nun viermal keinen Zähler holen und Alonso diese vier Rennen gewinnen würde, läge Vettel immer noch zwei Punkte vor dem Spanier. Daher kann der Deutsche womöglich schon im fünftletzten Rennen in Singapur am 25. September den Sack zumachen. "Vettel hat's eilig: sein WM-Titel ist greifbar nah", meinte "La Repubblicca".

Vettel kann sich nur selbst stoppen
Teamkollege Mark Webber, der mit 92 Punkten Rückstand nach zwölf von 19 Rennen Zweiter in der WM-Wertung ist, kann bei der Rechnung wohl ausgeklammert werden. Einzig eine riesige Vettel-Pechsträhne oder eine Verletzung könnte den Australier, der am Wochenende seine Vertragsverlängerung mit Red Bull für 2012 bekanntgab, intern aufrücken lassen. Aber selbst wenn Webber alle ausständigen Rennen gewänne, würden Vettel sieben vierte Plätze zum neuerlichen Titelgewinn reichen.

Konkurrenz gibt auf
Auch die Hoffnungen der McLaren- und Ferrari-Verfolger sind in Richtung Nullpunkt gesunken. Nachdem Vettel in den drei Rennen vor der Sommerpause sieglos geblieben war, wähnten sich Alonso, Lewis Hamilton und dessen McLaren-Teamkollege Jenson Button wieder in Reichweite. Doch weder die Malaisen mit blasenbildenden Reifen, noch das Renngeschehen auf dem Berg- und Talkurs in den Ardennen konnten Vettel daran hindern, seinen Widersachern eine Lehrstunde zu erteilen.

"Der Siegerchampagner hat heute so gut wie schon lange nicht mehr geschmeckt", bekannte Vettel. Die letzten Restzweifel, dass er das Klassenziel nicht erreichen könnte, sind damit weggewischt. Eine "kalte Dusche" für die "jüngsten Rebellionsbemühungen seiner Rivalen", meinte "Le Figaro" aus Frankreich.

Erinnerungen an Schumacher
Sieben Siege in zwölf Rennen, nur einmal nicht auf dem Podest - Vettel setzt Maßstäbe, die einmal mehr an Michael Schumacher erinnern. "In dieser Saison sind die Ergebnisse von Vettel einfach 'schumiesques'", befand die französische Sportzeitung "L'Equipe".

Den Verfolgern gehen indes die Floskeln aus. Die Realität ist zu ernüchternd. "Die WM ist eh nicht mehr in Reichweite für uns", sagte Hamilton, der nach seinem Unfall in Belgien punktlos blieb und als Fünfter 113 Punkte hinter Vettel liegt. "Wir müssen positiv bleiben", forderte Teamchef Martin Whitmarsh. "Die Fans erwarten das."

Risiko zahlte sich aus
Vettel rast seinem zweiten Titel letztlich mit einer für die Konkurrenz erschreckenden Leichtigkeit entgegen, obwohl man in Belgien wegen der Reifensituation sehr verunsichert an den Start gegangen war und sogar überlegt hatte, das Auto umzubauen und aus der Boxengasse zu starten. "Es war keine einfache Entscheidung. Wir sind ein großes Risiko eingegangen, es war eine Fahrt ins Ungewisse", erklärte Vettel nach seinem 17. GP-Sieg. Dann aber war man sogar in einer so komfortablen Situation, "nicht mehr jede Runde 100 Prozent geben zu müssen".

Das lässt auch Hoffnungen für Monza aufkommen, an sich wegen der Hochgeschwindigkeits-Anteile wie Spa eher keine Red-Bull-Strecke. "Spa ist ein Klassiker. Es war wichtig für uns, auch dieses Rennen auf der Siegerliste zu haben", freute sich Red-Bull-Direktor Helmut Marko über den unerwarteten Doppelsieg seiner bisher fast fehlerlosen Truppe. Monza sei für Red Bull freilich der schwierigste Kurs, gab der Österreicher zu. "Aber wir wollen siegen, egal wie die Streckenführung ist."

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ITALIEN

"La Gazzetta dello Sport": "Der WM-Titel liegt in der Luft. Vettel wagt, siegt und zieht davon. Der Deutsche genießt seinen Triumph. Schumi wie in den guten alten Zeiten: vom letzten auf den fünften Platz! Buttons Aufholjagd war eine Show."

"Corriere dello Sport": "Super-Vettel."

"Tuttosport": "Formel Vettel. Der Deutsche war nicht zu stoppen. Vettel triumphiert in Belgien und greift nach seinem zweiten Titel."

"Corriere della Sera": "Vettel dominiert total."

"La Repubblica": "Was für Emotionen, was für eine Aufholjagd: Schumi ist wieder zurück. 'Seb' ist der Champion auf einer Strecke für echte Rennfahrer. Vettel hats eilig: sein WM-Titel ist greifbar nah."

"Liberta": "Red Bull steht kurz vor dem zweiten Titel. Schumacher feiert sein 20-jähriges Jubiläum standesgemäß."

"Il Tirreno": "Ciao a tutti: Red Bull feiert einen Doppelsieg."

GROSSBRITANNIEN

"The Times": "Sie wüteten und schnaubten, aber die drei Rivalen von Sebastian Vettel schafften es nicht, das Haus von Red Bull einzureißen. Als die Dunkelheit sich über den dichten Wald in den Ardennen legte, gab es dort keinen Dämonen und keine Monster, die hinter den Bäumen hervorkommen könnten, um den jungen Deutschen und sein Team zu erschrecken. Ihn erwartete lediglich ein angenehmer nächtlicher Schlaf und süße Träume."

"Independent": "Vettel bringt alle Zweifler zum Schweigen, während der langsame Hamilton rausfliegt."

FRANKREICH

"Le Parisien": "Auch wenn Sebastian Vettel den Großen Preis von Belgien gewonnen hat, so war es doch sein Landsmann Michael Schumacher, der die beeindruckendste Leistung bot. Der 42 Jahre alte Mercedes-Pilot belohnte die Zuschauer mit einer dieser Aufholjagden, wie nur er sie zu fahren versteht."

"Le Figaro": "Mit seinem siebenten Saisonsieg verpasste Sebastian Vettel den jüngsten Rebellionsbemühungen seiner Rivalen eine kalte Dusche. (...)"

"Liberation": "Auf seiner Glücksbringer-Strecke hat Michael Schumacher seinen zahlreichen Anhängern ein Festival geboten."

"L'Equipe": "Bisher sieben Erfolge in zwölf Rennen: In dieser Saison sind die Ergebnisse von Vettel einfach 'schumiesques'. Auch wen man dem jungen Deutschen nicht den ewigen Vergleich mit dem älteren Michael Schumacher auferlegen will, ist die Versuchung doch groß, die Gegenüberstellung zu wiederholen. (...) Die beiden funktionieren nach dem gleichen System."

DEUTSCHLAND

"Bild": "Nur noch zwei Spazierfahrten bis zum Titel. In Singapur könnte er (Vettel/Anm.) schon feiern. Das war die richtige Antwort auf die Mini-Krise."

"Frankfurter Allgemeine": "Solo in der Vettel-Welt."

"Süddeutsche Zeitung": "Sebastian Vettel musste für seinen ersten Sieg beim Großen Preis von Belgien viel riskieren."

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