Claudia Pechstein bekommt kräftig Rückenwind aus der Wissenschaft: Führende Blut-Experten haben die fünffache deutsche Eisschnelllauf-Olympiasiegerin nachdrücklich entlastet. "Bei Frau Pechstein wurden Veränderungen des roten Blutbildes gefunden, die nicht zu Doping passen und mit großer Wahrscheinlichkeit für eine angeborene Störung im Aufbau der roten Blutzellen sprechen", so die Expertise.
Gerhard Ehninger, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, entlastete Pechstein am Donnerstag in der Online-Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung". Wie seine Professoren-Kollegen Winfried Gassmann aus Siegen und Wolfgang Jelkmann aus Lübeck will Ehninger am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin den Beweis führen, dass Pechsteins Zwei-Jahres-Sperre aus medizinischer Sicht haltlos ist.
"Die Erhöhung der Retikulozyten - der frisch aus dem Knochenmark ausgeschwemmten roten Blutzellen - ist Ausdruck der gesteigerten Blutbildung und nicht durch Doping bedingt", erklärte der Chefarzt für Blut- und Krebserkrankungen an der Technischen Universität Dresden.
Pechstein war aufgrund ihrer erhöhten Retikulozyten-Werte am 1. Juli 2009 von der ISU rückwirkend für zwei Jahre gesperrt worden, der Internationale Sportgerichtshof CAS hatte im Berufungsverfahren das Urteil am 25. November 2009 bestätigt. Auch mit ihrer Beschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht war Pechstein gescheitert und hatte damit ihre sechsten Olympischen Spiele verpasst.
"Ich hatte immer wieder gesagt, dass Pechsteins erhöhte Retikulozyten für Doping sprechen - wenn sich keine medizinische Erklärung dafür findet", bekannte Ehninger. "Dann muss man jetzt auch den Mut haben und sagen, dass es durchaus medizinische Gründe gibt", erklärte der Mediziner seinen Meinungsumschwung.