Generationen-Duell mit Alcaraz bei Rasen-Klassiker

Djokovic will in Wimbledon zurück am Tennis-Thron

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Der Zweikampf um die Nummer eins bei den Männern geht beim prestigeträchtigsten Tennis-Turnier weiter: Spaniens Carlos Alcaraz hat am Montag nach dem Sieg im Londoner Queen's Club Novak Djokovic wieder abgelöst, doch für den 36-jährigen Serben geht es in Wimbledon bis 16. Juli um weit mehr.

Denn mit seinem schon achten Titel auf dem "heiligen Rasen" könnte er mit Roger Federer gleichziehen und auch in der Major-Rekordjagd schon auf 24 Titel erhöhen. Dann hätte Djokovic nicht nur den Langzeitverletzten Rafael Nadal bei den Männern schon um zwei Titel abgehängt, sondern würde auch Serena Williams (23) hinter sich lassen und mit Allzeit-Leaderin Margaret Court (24) gleichziehen. Die Australierin hatte allerdings 13 ihrer Triumphe vor Beginn der "open era" (inklusive Profis) errungen.

Djokovic ist seit 2018 in Wimbledon ungeschlagen, hat die Titel seither alle gewonnen, wobei 2020 wegen der Coronavirus-Pandemie nicht gespielt werden konnte. Im Vorjahr blieb sein Triumph im Ranking unbelohnt. Es wurden von den Spieler-Organisationen ATP und WTA keine Punkte vergeben, weil Akteure aus Russland und Belarus wegen der Invasion Russlands in die Ukraine von den Veranstaltern gesperrt waren. Es war das einzige der vier Major-Turniere, das so vorging.

Eine Aufrechterhaltung des Banns war sportpolitisch für Wimbledon nicht durchsetzbar. Die Organisatoren haben die Öffnung für Daniil Medwedew, Aryna Sabalenka und Co. aber nicht aus Überzeugung zugelassen. Es war ein Resultat der Strafe und des Drucks möglicher Konsequenzen. Auch die "reale Aussicht auf eine Beendigung unserer Mitgliedschaft" bei ATP und WTA im Falle eines erneuten Start-Verbots hätten dem britischen Tennisverband (LTA) fast keine andere Wahl gelassen. Wie die BBC berichtete, wurde die LTA von der WTA mit einer Geldstrafe von 750.000 US-Dollar und von der ATP mit einer Strafe von einer Million US-Dollar belegt.

Akcaraz will Grand-Slam-Sammlung erweitern

Djokovic und Co. haben nun also wieder die volle Konkurrenz, aber eben auch wieder die Punkte für das Ranking. Obwohl der erst 20-jährige Alcaraz wegen seines Talents und seiner bisherigen Leistungen immer wieder mit den "big three" (Djokovic, Nadal und Roger Federer) verglichen wird, ist der Spanier auch topgesetzt nur ein Mitfavorit.

Das weiß er auch selbst: "Es hilft mir, als Nummer eins nach Wimbledon zu gehen. Aber es fehlt mir schon noch viel Erfahrung auf diesem Belag." Und er kennt die Wimbledon-Statistiken von Djokovic. "Ich habe gelesen, dass Novak mehr Matches gewonnen hat als der Rest der Top 20 zusammen", erzählte Alcaraz mit einer Mischung aus Schmunzeln und Ehrfurcht. "Und auf den Centre Court hat er seit 2013 nicht mehr verloren. Das ist einfach verrückt." Es sei klar, dass Djokovic der riesengroße Favorit sei. "Aber ich hoffe, ich werde die Fans auf meiner Seite haben, um diese Statistik zu ändern."

Alcaraz hat zwar schon einen US-Open-Titel in der Tasche, aber noch keinen Sieg über einen Spieler der "big three" bei einem Major-Turnier. Was gegen Federer gar nicht mehr möglich ist, gegen Nadal auch immer unwahrscheinlicher wird, kann ihm gegen Djokovic vielleicht gelingen. Im Halbfinale von Roland Garros war das groß gehypte Duell mit dem Serben (noch) zu viel - nach zwei intensiven Sätzen war Alcaraz von Krämpfen geschüttelt letztlich chancenlos. Und Djokovic marschierte danach zum 23. Major-Titel.

Swiatek kommt auf Rasen nicht in Form

Bei den Frauen ist die Titelvergabe weit offener, in den vergangenen sechs Auflagen gab es sechs verschiedene Siegerinnen. Und die sonst so starke Polin Iga Swiatek hat auf Rasen ihr Spiel noch (immer) nicht gefunden: Bei bisher drei Teilnahmen war das Achtelfinale 2021 das beste der dreifachen French-Open- bzw. vierfachen Grand-Slam-Siegerin. Darum ist der im Vorjahr verbannten Weltranglisten-Zweiten und Australian-Open-Siegerin Sabalenka aus Belarus und Titelverteidigerin Elena Rybakina (KAZ) mehr zuzutrauen als Swiatek. Hinzu kommt noch die ehrgeizige Vorjahresfinalistin Ons Jabeur aus Tunesien, die als erste Afrikanerin und Araberin ein Major-Einzel-Turnier gewinnen will.

Aus österreichischer Sicht gibt es erstmals seit langer Zeit wieder vier Fixstarter: Dominic Thiem, der sich bei einer Exhibition in London u.a. gegen Alcaraz einschlägt, ist erstmals seit vier Jahren und zum siebenten Mal dabei. Das Highlight des US-Open-Siegers 2020 war an der Church Road 2017 das Achtelfinale. Das wäre diesmal als sehr großer Erfolg zu werten. Thiem, der auf Rasen 2016 in Stuttgart einen Turniersieg gefeiert hat, hat seit dem Achtelfinale in Melbourne 2021 auch wegen der Langzeitverletzung bei nur fünf Majors mitgespielt - und fünf Mal in Runde eins verloren.

Ofner und Grabher träumen von nächstem Erfolgslauf

Dafür haben sowohl Sebastian Ofner als auch Österreichs beste Frau, Julia Grabher, klare Aufwärtstendenzen. French-Open-Achtelfinalist Ofner könnte man fast schon als "heiß" bezeichnen, weil ihn seine Form und Konstanz dieses Jahr neben Paris auch fünf Challenger-Finali gebracht hat. Zuletzt in Ilkley reichte das Finale für eine Wildcard für Wimbledon, die er sich von der Position her ohnehin verdient hätte. Seine Verbesserung bis zuletzt auf Platz 69 kam aber für den Cut für Wimbledon zu spät.

Für Grabher, die vor einem Jahr vor Wimbledon noch auf Platz 145 gestanden war und nun als 54. ihr bestes Ranking einnimmt, ist es das Hauptfeld-Debüt. Rasen ist keinesfalls ihr Lieblingsbelag, sondern Sand. Aufschlag und Return, auf Rasen noch wichtiger, muss sie in Wimbledon steigern. Das wusste sie nach ihrem Auftakt-Aus zuletzt in Bad Homburg auch. Am Donnerstag sorgte Dennis Novak mit einem Viersatzsieg über den Japaner Yosuke Watanuki in der 3. Qualifikationsrunde dafür, dass gar ein ÖTV-Quartett bei der Auslosung am Freitag gespannt zuschauen darf.

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