"Blaues Wunder"

FREYTAG: Niederlage oder Sieg auf hoher See

Subtiler, hochspannender Roman um Machtsysteme und was wir bereit sind dafür zu tun.

Nora folgt ihrem Alpha-Mann Ferdinand in einen Urlaub, der keiner ist. Auch Franziska und ihr Kilian sind dabei. Auf einer Luxusyacht, die in paradiesischen Gewässern schippert, spielt sich eine Art Assessmentcenter, getarnt als nettes Beisammensein, ab. Machtspielchen.

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Zum Schluss soll einer der Männer die heiß ersehnte Beförderung bekommen. Walter Bronstein ist der Chef einer Privatbank, ein präpotenter Ungustl, und wird über Sieg oder Niederlage entscheiden. Von dessen Familie ist Ehefrau Rachel und der widerspenstige Sohn David mit an Bord. Irgendwann erleben sie alle ihr "Blaues Wunder", so auch der vielsagende Titel des Romans. Autorin Anne Freytag hat hier eine beklemmende kammerspielartige Szenerie geschaffen, die zwischen Telenovela und Thriller hin und herspringt. Alle Figuren haben es nicht nötig, sich für Bronstein zum Affen zu machen, ihn mit ihrem Eifer und Speichelleckereien zu überzeugen, denn sie sind alle reich.

Zwischen Telenovela und Thriller

Opfer. Doch wann ist sehr viel genug? Auch emotional, körperlich. Das ist nur eine der Fragen, um die sich dieser kluge Roman dreht, der weitaus mehr ist, als er auf den ersten Blick scheint. Die Perspektive ist jene der Frauen, sie wechselt von einer zur anderen. Dabei wird sichtbar, welche Opfer manche bringen, um ihrem vermeintlich größten Ziel näher zu kommen. Schon bald wird deutlich: Hier wird keine:r gewinnen, die Einsätze sind zu hoch. Schwarzer Humor. Zwischendurch blitzt hier feinster schwarzer Humor durch die Zeilen, die all das Theater, das die scharf gezeichneten Figuren für den Chef darbieten, herrlich ad absurdum führen. Blaues Wunder darf dieses Jahr in keiner Badetasche fehlen!

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