Mehr Erfolg dank mehr Gefühl! Modern Leadership-Expertin Lunia Hara will die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren. Warum empathische Führung alles verändern und Unternehmen erfolgreicher machen kann, erklärt die Powerfrau in ihrem neuen Buch.
Auf das Gefühl kommt es an! Ein Satz, den wir oft im privaten Bereich – völlig abseits der stressigen Arbeitswelt – hören. Dabei sollte gerade dort, wo wir die meiste Zeit verbringen und Leistung vollbringen wollen, Gefühl eine wichtige Rolle spielen. Meint auch Lunia Hara, selbst Führungskraft bei diconium, einem Tochterunternehmen von VW, „Spiegel“-Kolumnistin, Speakerin – und Expertin in Sachen Modern Leadership, Diversity und Kulturwandel. „Ich unterstütze Führungskräfte dabei, mit mehr Menschlichkeit zu führen – praxisnah, klar und wirkungsvoll“, erklärt die in Sambia geborene Powerlady, die zwischen einem sambischen Dorf und Berlin aufgewachsen ist.

Autorin und Coach Lunia Hara ist selbst Führungskraft.
"Ängste und emotionale Überforderung sind keine Privatsache!"
Ihr Vater arbeitete in der Heimat als „Nduna“, sprich Berater eines Chiefs. „Ndunas erinnern an Geschichte und Werte, geben Orientierung und sorgen dafür, dass niemand das Gesicht verliert – auch nicht der Chief“, so Hara, die ebendiesen Spirit in Unternehmen und Gesellschaft tragen will. In ihrem neuen Buch „Empathische Führung“ verrät die von der „Beyond Gender Agenda“ gekürte Woman of the Year 2023, wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren können. Hier ein Überblick.
Warum sich Führung ändern muss
Unsere Gesellschaft und damit auch die Arbeitswelt befinden sich in einem kontinuierlichen und radikalen Wandel. COVID, Krieg, Klimawandel, Diversität, Demografie, Digitalisierung – und nun der zunehmende Rechtsruck: All diese Faktoren erzeugen eine Unsicherheit, die etablierte Geschäftsmodelle, Arbeitsweisen und Bewältigungsstrategien infrage stellt. (...) Diese äußeren Einflüsse belasten Mitarbeitende stark.

Das Buch von Lunia Hara ist soeben im DVA-Verlag (um 25,50 Euro bei Thalia) erschienen.
Ängste und emotionale Überforderung sind keine Privatsache. Sie beeinflussen unmittelbar, wie wir arbeiten, führen und Entscheidungen treffen. Ignorieren wir sie, gefährden wir nicht nur die Gesundheit der Einzelnen, sondern auch die Zukunft der Organisationen. Genau deshalb braucht es empathische Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden dort abholen, wo sie stehen. Führungskräfte, die nicht werten, sondern stärken, unterstützen und Orientierung geben.
Die Vier Säulen der Veränderung
Menschlichkeit zeigt sich im Arbeitsalltag, wenn wir Mitarbeitende nicht nur als Erbringer:innen von Leistungen sehen, sondern als Menschen wahrnehmen. Wenn Menschen sich gesehen und geschätzt fühlen, entsteht eine Atmosphäre, in der sie ihr volles Potenzial entfalten können.
Selbstreflexion: Wer andere verstehen will, muss zunächst sich selbst verstehen. Empathische Führung beginnt mit der ehrlichen Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, Überzeugungen und frühkindlichen Prägungen. (...) Diese Reflexion hilft, persönliche Stärken und Schwächen besser zu erkennen. Wer sich dieser Zusammenhänge bewusst ist, kann authentisch führen und andere Menschen mit ihren Bedürfnissen besser verstehen.
Offenheit ist der Schlüssel zu Vertrauen. Führungskräfte, die ehrlich über ihre eigenen Schwächen und Fehler sprechen, schaffen eine Atmosphäre, in der auch Mitarbeitende sich trauen, authentisch zu sein. In einem Umfeld, das Fehler nicht verurteilt, sondern als Lernchancen betrachtet, können Kreativität und Innovation wachsen.
Ehrliches Feedback ist Fürsorge. Es gibt Mit-arbeitenden Orientierung, hilft ihnen, sich zu entwickeln, und zeigt, dass sie nicht übersehen werden. Viele Führungskräfte scheuen sich jedoch davor, klares Feedback zu geben – aus Angst vor Konflikten oder Unsicherheit. Empathische Führung erkennt, dass Feedback ein Ausdruck von Interesse und Engagement ist.
Diese vier Säulen verändern die Arbeitsweise einer Führungskraft grundlegend. Sie geben der eigenen Arbeit ein klares und sinnstiftendes Ziel: die Unterstützung und Entwicklung anderer.

"Ein glückliches Team leistet bessere Arbeit", weiß Leadership-Expertin Lunia Hara.
Die wichtigsten Eigenschaften einer Führungskraft
Empathische Führung vereint Fähigkeiten und Haltungen, die die Arbeitsbeziehungen bereichern. Eine empathische Führungskraft ist:
- Respektvoll – auch in herausfordernden Situationen und gegenüber anderen Standpunkten.
- Neugierig: Lerne und höre aktiv zu, anstatt voreilige Schlüsse zu ziehen.
- Mutig: Stehe für dich selbst, deine Werte und andere ein.
- Einfühlsam: Erkenne die Sorgen deiner Mitarbeiter:innen und nutze deinen Einfluss, um Diskriminierung und Ausgrenzung zu verhindern.
- Reflektiert: Nimm dir Zeit, um auch über dich selbst zu lernen.
- Fair: Achte darauf, dass alle Teammitglieder die gleichen Chancen auf Wachstum und Entwicklung erhalten.
- Zuversichtlich: Vertraue darauf, dass Veränderung möglich ist, und glaube an deine Mitarbeitenden und ihre Ziele.
- Kooperativ: Ermutige alle, ihre Stärken einzusetzen, sich weiterzuentwickeln und Verantwortung zu übernehmen.
- Fürsorglich: Lebe Selbstfürsorge vor und motiviere dein Team, sich um seine körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern.
- Vertrauensvoll: Schaffe durch Transparenz und Integrität eine Atmosphäre, in der sich alle auf dich verlassen können.
- Unterstützend: Sei in schwierigen Zeiten für dein Team da und biete Hilfe an.
- Fördernd: Sei jemand, der mit Weitblick und Weisheit ihre Gemeinschaft unterstützt und leitet – sei wie ein Nduna!

In Sambia geboren, lernte Hara von ihrem Vater, wie man empathisch führt.
Die Autorin im Interview:
Was verstehen Sie konkret unter empathischer Führung und wie unterscheidet sich diese von anderen Führungsstilen?
Lunia Hara: Empathische Führung hat Menschlichkeit als Fundament – nicht als Floskel, sondern als Haltung. Es geht darum, die Bedürfnisse, Perspektiven und Potenziale der Mitarbeitenden ernst zu nehmen und gezielt zu fördern. Beziehungen werden bewusst gestaltet, ohne auf Zielorientierung oder Entscheidungsstärke zu verzichten. Im Unterschied zu klassischen Modellen basiert empathische Führung auf Vertrauen statt Kontrolle.
Welche drei Top-Techniken empfehlen Sie als Coach?
Hara: Erstens: Hör auf zu raten, was dein Team braucht – frag es einfach. Die meisten Mitarbeiter:innen wissen ziemlich genau, was sie brauchen, um gut zu arbeiten, sie werden nur selten gefragt. Zweitens: Übe aktives Zuhören – auch zwischen den Zeilen. Das gelingt besser, wenn du bei dir selbst bist. Drittens: Fördere Selbstreflexion. Hol dir Rückmeldungen, um deine Wirkung besser zu verstehen.
Und wie verliert man dabei nicht an Autorität?
Hara: Empathie bedeutet nicht, es allen recht zu machen oder sich aufzuopfern. Es heißt, Entscheidungen zu treffen mit Klarheit und Mitgefühl. Ich sehe Empathie und Autorität nicht als Widerspruch, sondern als Team. Wer empathisch führt, schafft Vertrauen und Vertrauen ist die stärkste Grundlage für Autorität. Eine empathische Führungskraft darf auch Grenzen setzen und auch mal Nein sagen. Empathisch, aber bestimmt.