Fremdenverkehr soll zum wichtigsten Wirtschaftszweig werden. Steigende Preise und Wasserknappheit dämpfen Hoffnungen.
Montenegro will innerhalb weniger Jahre zu einem der führenden Urlaubsländer am Mittelmeer aufsteigen. Das Land hofft, an seine touristischen Erfolge vor dem Zerfall Jugoslawiens anzuknüpfen. Noch aber steht es touristisch im Schatten des Nachbarn Kroatien. Das "Land der schwarzen Berge" kämpft zudem mit zu hohen Preisen. Im heurigen Sommer ist durch die anhaltende Hitzewelle auch noch das Wasser für die Touristen knapp geworden.
Gute Sommersaison
"Wilde Schönheit - Erleben, Entdecken,
Genießen" - für Montenegro war die heurige Sommersaison zwar die beste seit
Jahren. Allerdings hat die ungewöhnlich lang anhaltende Hitze in den
Sommermonaten die Stimmung merklich getrübt, denn die chronischen Wasser-
und Stromversorgungsprobleme in den großen Fremdenverkehrsorten haben sich
heuer weiter zugespitzt.
Wasserversorgung
So wurde in Budva an der montenegrinischen Adria
das Wasser im August dermaßen knapp, dass den Strandduschen der Hahn
zugedreht wurde. Mit normaler Wasserversorgung rund um die Uhr konnten nur
noch die Gäste in den teuersten Hotels rechnen. Wer sich privat in ein
Zimmer eingemietet hatte, musste sich vorrangig mit Meerwasser begnügen.
100.000 Besucher
Jelena Paovic vom Fremdenverkehrsministerium
versucht, die Probleme zu kaschieren. Immerhin habe Montenegro seit 1987
keine so gute Fremdenverkehrssaison mehr erlebt, erklärte sie. Alleine in
Budva seien in den ersten sieben Monaten 2007 über 100.000 Besucher gemeldet
worden. Es sei davon auszugehen, dass sich ein rundes Drittel der Urlauber
gar nicht eingeschrieben habe - vor allem jene, die bei privaten
Zimmervermietern untergekommen seien.
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Auf die Entscheidung des deutschen Reiseveranstalters Neckermann, Montenegro nächstes Jahr aus seinem Urlaubsprogramm zu nehmen, reagiert Paovic ebenfalls mit Gelassenheit. Neckermann hat argumentiert, dass die hohen Preise den angebotenen Leistungen nicht entsprechen würden. Auch für 2008 sei von weiter anziehenden Preisen auszugehen, hieß es. Montenegro könne und wolle nicht eine Urlaubsdestination wie die türkische Touristenmetropole Antalya oder die spanische Costa Brava werden, wo man bereits für 400 Euro "all inclusive" buchen könne, hält Paovic dagegen.
Vor dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien kam rund die Hälfte der etwa 30.000 ausländischen Touristen Montenegros aus Deutschland. Im Vorjahr waren es gerade noch 4.500 Deutsche, die ins Land reisten. Heuer wurde selbst diese Anzahl nicht mehr erreicht.
Zielgruppe Russen
Die meisten Montenegro-Urlauber stammen
mittlerweile aus dem benachbarten Serbien. Montenegro blieb auch nach der
Auflösung des gemeinsamen Staatenbundes eine der beliebtesten
Urlaubsdestinationen für serbische Touristen. Zahlungskräftigere Gäste
kommen neuerdings aus Russland. Viele Russen besitzen bereits Häuser und
Grundstücke an der kleinen montenegrinischen Küste. Die Immobilienhändler
haben sich bereits auf die kaufkräftige Käuferschicht eingestellt.
Plakatwerbungen am Straßenrand und in den Medien sprechen eine beredte
Sprache - sie sind in Russisch abgefasst. Auch die lokalen Sender, die
früher Kurznachrichten auf Deutsch und Englisch brachten, senden
mittlerweile in russischer Sprache.
Visum
Vor einer zu großen Ausrichtung auf russische Touristen
warnt jedoch der montenegrinische Fremdenverkehrsverband. Man befürchtet,
dass russische Gäste am montenegrinischen Angebot nur deswegen so starkes
Interesse haben, weil Länder wie Italien oder Frankreich wegen des
Visumzwanges noch unerreichbar seien, mutmaßt Verbandschef Branko Diki
Kazenegra.