Nach dem Befreiungsschlag "im emotionalsten Spiel des Jahres" ging Sturm-Graz-Trainer Jürgen Säumel kommunikativ in die Offensive.
"Die Mannschaft hat von der ersten bis zur letzten Minute genau das gezeigt, was Sturm ausmacht", lobte Säumel nach dem 2:1 gegen den GAK. "Der Derbysieg freut mich wahnsinnig für die Mannschaft, für die Fans, aber man darf sich nicht blenden lassen. Es passen trotzdem viele Dinge nicht im Verein, die werde ich mit dem Präsidenten besprechen."
Während turbulenter Wochen - Krisensitzungen inklusive - spürt der Sturm-Coach offenbar nicht auf allen Ebenen des Clubs das Vertrauen, das er sich wünscht. "Es geht null um mich, es geht nur um den Verein. Ich will, dass der erfolgreich ist und das beibehalten wird, was in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Das war für mich die einheitliche Spielidee und der Zusammenhalt im Verein. Um das geht es mir", sagte Säumel, der sich das Vieraugengespräch mit Christian Jauk "so schnell wie möglich" wünschte. "Es geht darum, dass wir alle an einem Strang ziehen."
Sturm stehe "richtig gut da", betonte der frühere Kapitän und nunmehrige Trainer angesichts der zweiten Tabellenposition einen Punkt hinter Salzburg, dem Überwintern im Cup und vier Punkten in der Europa League. "Gleichzeitig Spieler entwickeln und Junge aus der Akademie einbringen, auf allen Hochzeiten zu tanzen, wird irgendwann schwierig. Ich glaube, das ist nicht jedem bewusst", erklärte Säumel, ohne den oder die Adressaten seiner Botschaft nennen zu wollen.
Machtkampf zwischen Säumel und Parensen?
Beobachter deuteten dies als nun offen ausgetragenen Machtkampf zwischen dem Meistertrainer und dem beim Anhang ebenfalls in der Kritik stehenden deutschen Sportchef Michael Parensen. Dass Säumel offen wie nie die Kaderzusammenstellung kritisierte, passt in diese Lesart. "Dass der Kader auf manchen Positionen unausgeglichen ist, sieht ein jeder", sagte Säumel. Wünsche für das Wintertransferfenster waren ihm nicht zu entlocken. "Das besprechen wir intern." Augenscheinlich ist, dass die für das Sturm-Spiel wichtigen Außenverteidiger aktuell wenig "Dampf" nach vorne entwickeln.
Auch ein Abwehrchef wurde zuletzt schmerzlich vermisst. Dass Jeyland Mitchell in der Innenverteidigung eine Verstärkung sein kann, zeigte der Costa Ricaner am Sonntag nicht nur wegen seines Führungstreffers im Derby. Auch Niklas Geyrhofer lieferte neben ihm eine staubtrockene Partie. "Große Erleichterung, das Derby bedeutet für die Fans alles. Dass wir gewinnen müssen, war uns allen klar", sagte Geyrhofer. Von einer Drucksituation wollte das zuletzt kränkliche Eigengewächs aber nichts wissen. "Großen Druck haben wir nicht verspürt, weil wir unsere Stärken kennen."
GAK von Sturms Wucht beeindruckt
Der GAK stand wie immer in den sechs Derby-Vergleichen der jüngeren Vergangenheit mit leeren Händen da. "Es tut schon weh, aber Sturm war speziell erste Halbzeit auf die ersten Bälle sehr, sehr gut", sagte Kapitän Daniel Maderner. Er bekrittelte wieder einmal "ein billiges Gegentor" gegen Sturm, das die Niederlage einleitete. Die Roten hatten sich nicht nur insgeheim einiges ausgerechnet. "Sicher haben wir geglaubt, wir können vielleicht überraschen. Aber wir sind trotzdem der GAK, müssen am Boden bleiben. Wenn wir die neun Punkte aus den letzten fünf Spielen nicht geholt hätten, wissen wir eh, wo wir stehen", sagte Maderner.
Trainer Ferdinand Feldhofer sah die Niederlage nicht zuletzt der Stärke Sturms an diesem Tag geschuldet. "Ich habe seit meiner Rückkehr nach Österreich noch gegen keinen stärkeren Gegner gespielt von der Intensität her. Das haben meine Spieler gespürt", sagte Feldhofer. Die Wucht, die durch die stimmungsvolle Kulisse zusätzlich auf seine Mannschaft einprasselte, habe ihren Teil dazu beigetragen. "Wir haben uns gewünscht, dass wir in Führung gehen, das Momentum auf unsere Seite ziehen. Das Spiel hat etwas anderes gebracht."