Ganz anders als sonst: Red Bull präsentierte den 2008er-Boliden ganz nüchtern und unspektakulär am letzten Testtag in Jerez.
Red Bull Racing hat am dritten und letzten Tag der Formel-1-Testfahrten in Jerez de la Frontera am Mittwoch erstmals den neuen RB4 gezeigt. David Coulthard hatte die Ehre, jenes Auto, das Red Bull 2008 den ersten Sieg in der Weltmeisterschaft bescheren soll, bei leichtem Regen über den südspanischen Kurs zu pilotieren.
Mateschitz beobachtet Long Rund
Die erst Ausfahrt verlief
unspektakulär. Um exakt 10:27 Uhr lenkte Coulthard den blauen Renner
erstmals aus der Boxengasse, um eine Installationsrunde zu absolvieren. "Mit
einem neuen Auto ist man naturgemäß vorsichtig und will in erster Linie
nichts kaputt machen", erklärte der schottische Routinier nach dem
Kurzauftritt am Vormittag. Erst für den Nachmittag und da vor den Augen des
extra angeflogenen Red-Bull-Bosses Dietrich Mateschitz war dann auch ein
Longrun geplant.
Daten sammeln
Der RB4 ist so neu, dass vorerst in erster Linie
Daten erhoben werden. Auch kommende Woche in Valencia wird nur ein neues
Auto neben einem RB3 testen, erst bei den Tests Anfang Februar in Barcelona
werden dann zwei RB4 eingesetzt, erklärte der Technische Direktor, Geoff
Willis. Willis gehört seit Juli 2007 dem Team an, seitdem kann sich sich
Star-Designer Adrian Newey auf "das ganze Bild" konzentrieren.
Neue Aerodynamik
Der neue RB4 ist kompakter, gleich lang wie im
Vorjahr, hat aber aber wegen des Wegfalls der Traktionskontrolle eine
verfeinerte Aerodynamik. Im wesentlichen ist der RB4 aber eine
Weiterentwicklung des RB3 und hat laut Newey "Fundamentales" vom
alten Auto. Deutlich verbessert haben soll sich aber die Standfestigkeit.
Speziell jene des Getriebes, das im Vorjahr die Achillessehne der "Bullen"
war und das heuer für gleich vier GP-Rennen halten muss.
Probleme gelöst
Newey ist überzeugt, dass man auf dem
richtigen Weg ist. "Denn die Standfestigkeit im vergangenen Jahr war
unakzeptabel. Wir haben die Probleme aber erkannt und gelöst", gab
er sich zuversichtlich. Bei Red Bull Racing hoffte man sehr darauf, dass
Neweys Ideen endlich auch im ersten Sieg münden. Die fehlende
Traktionskontrolle wird in erster Linie durch die Aerodynamik und das
Fahrwerk kompensiert. Zum Aussehen des neuen Autos meinte RB-Berater Helmut
Marko. "Sehr schön. Aber das spielt keine Rolle, schnell muss er sein."
Schweizer Testfahrer
Am Rande der Präsentation gab Red Bull auch
bekannt, dass der Schweizer Sebastian Buemi neuer Test- und Ersatzfahrer bei
den Dosen-Boliden ist. Der 19-Jährige ersetzt damit den Deutschen Michael
Ammermüller. "Diese Berufung ist ein großer Schritt nach vorne für
mich." sagte Buemi.
Neuer Toro Rosso im Lauf der Saison
Auch das zweite RB-Team Toro
Rosso testete in Jerez. Das Team von Mateschitz und Gerhard Berger wird aber
vorerst mit dem alten STR2 in die Saison starten und erst in Istanbul den
neuen STR3 aufbieten können.
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Was sind Ihre Erwartungen für die WM 2008?
Mateschitz: "Bei aller geziemenden Zurückhaltung und weil es zu früh ist,
etas sagen zu können: Ich habe ein hervorragendes Gefühl. Der RB3
war ein völlig neues Auto, es braucht einfach ein bis zwei Jahre, bis
ein Auto an sein Potenzial herankommt. Das hatte schon angefangen mit dem
Japan-GP. Wir haben über den Winter hervorragend gearbeitet, signifikant
Gewicht reduziert und ein gutes Areodynamik-Package gemacht. Die
Windkanal-Daten passen und auch bezüglich der Zuverlässigkeit, die
letztes Jahr unser großes Problem war, haben wir einen Riesenschritt
gemacht. Ich glaube, wir haben gut gearbeitet."
Ihre konkreten Erwartungen?
Mateschitz: "Vier Teams
werden ziemlich gemeinsam hinter Ferarri und Mercedes liegen. BMW, Renault,
Williams und wir. Zwischen drei und sechs wird es ganz knapp um die Plätze
drei und vier gehen. Wir glauben und hoffen, dass wir dabei sind."
Ist auch der erste Sieg möglich?
Mateschitz: "Nicht
unter normalen Rennbedingungen. Ich glaube, jeder unserer Fahrer hat die
Möglichkeit, einige Male auf das Podium zu kommen. Auf einen Sieg
werden wir wahrscheinlich aber auf 2009 warten müssen."
Stimmt insgesamt die Marschrichtung seit der Jaguar-Übernahme?
Mateschitz:
"Der RB2 war nahe eines Flops. Der RB3 war eine derartige
Neukonstruktion, hatte aber fehlenden Grip beim Einlenken. Wir haben bis ans
Saisonende gebraucht, um draufzukommen, was es war. Wir haben es gelöst und
waren am Jahresende schon signinfikant schneller. Darauf haben wir für den
RB4 aufgebaut. Jetzt haben wir viele Detailverbesserung, die in Summe den
Abstand zu BMW reduzieren sollten. Wir wissen aber nicht, wie gut die
anderen weiterentwickelt haben."
Fürchten Sie, dass ihre Geduld überstrapaziert wird?
Mateschitz: "Nein. Ich habe mir nie Illusionen darüber gemacht, dass die
Luft dünn wird weiter oben in der Formel 1."
Was erwarten sie von Toro Rosso?
Mateschitz: "Sebastian
Vettel ist ein der Fahrer mit dem größten Potenzial, er ist
charismatisch, gescheit, ein unglaubliches Talent und ein ganzheitlicher
Fahrer. Nicht nur schnell, sondern auch interessiert. Ein Pilot, dem ich
eine ganz, ganz große Zukunft zutraue. Jetzt ist ist er wieder zuhause
im Team. Bourdais ist eine gute Ergänzung. Toro Rosso muss sich im
Mittelfeld druchsetzen."