Nur sieben Sekunden fehlten zur Gesamtführung. Auf der 157-km-Etappe von Cuneo nach Jausiers greift Bernhard Kohl nach dem Gelben Trikot.
Gelingt heute Bernhard Kohl der große Coup? Schafft es der österreichsiche Held auf zwei Rädern tatsächlich, die sieben Sekunden auf Leader Fränk Schleck wettzumachen und das Gelbe Trikot an sich zu reißen?
Bei uns sind Sie ab 12:30 Uhr bei den spannendsten Szenen live dabei. Hier geht´s zum Live-Ticker
Der Zeitplan von heute:
- Start ist um 12.30 Uhr.
- Um 13.30
Uhr beginnen die Asse mit dem Aufstieg auf den Col de la Lombardie.
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Der 2.351m hoch gelegene Pass wird gegen gegen 14.30 Uhr erreicht.
-
Nach einer rasanten Abfahrt geht’s 20 Minuten später auf das Dach der Tour,
den Cime de la Bonette-Restefond (2.80m/Spitze ca. 16.15 Uhr). Dann gilt es
die Platzierung über die halsbrecherische Abfahrt ins Ziel zu retten.
Achtung, Sturzgefahr!
- Kohl hat sich die gefährlichen Stellen
eingeprägt, er wird als einer der Ersten ab 16.30 Uhr in Jausiers erwartet.
Attacke
Kann Kohl tatsächlich die große Sensation schaffen? „Es
sieht gut aus, und ich bin voller Euphorie“, meinte der Sensationsmann nach
dem Husarenritt vom Sonntag, bei dem er alle Favoriten hinter sich gelassen
hatte. Jetzt knöpft er sich Fränk Schleck (LUX) vor.
Erfolgsrezept
Erfolgsgeheimnis des Rauchfangkehrers aus
Wolkersdorf, NÖ: rasche Regeneration, ein Saison-Aufbau, der bereits im
Winter begonnen hat. Im Frühjahr fuhr Kohl alle wichtigen Pyrenäen- und
Alpenpässe sowie die gefährlichen Abfahrten auf eigene Faust ab, machte sich
Notizen zu allen Schlüsselstellen.
„Ich kenne keinen, der sich so akribisch vorbereitet wie der Bernhard“, erklärte Kohls Gerolsteiner-Kollege Peter Wrolich – die beiden haben Tausende Trainingskilometer gemeinsam heruntergespult. Jetzt steht Kohl knapp davor, die Früchte seiner Arbeit einzufahren – und ganz Österreich fiebert mit. Wrolich: „Ich rechne damit, dass das CSC-Team entweder Schleck oder Sastre opfern und das Tempo verschärfen wird. Aber Kohli kann mit jedem mitfahren.“
Und nur sieben Sekunden fehlen zum ganz großen Traum. Die könnte er spätestens morgen auf der Königsetappe mit Bergankunft in L’Alpe d’Huez aufholen!
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Am montägigen Ruhetag prasselte ein Fragegewitter
auf Bernhard Kohl ein. Hier schildert der Tour-Zweite die aufregendsten
Stunden seiner Karriere.
Wie fühlt man sich nur sieben Sekunden hinterm Gelben Trikot?
Bernhard
Kohl: Die Enttäuschung darüber hält sich in Grenzen. Im Gegenteil: Ich
bin Zweiter in der Gesamtwertung, und ich habe das Bergtrikot. Das ist schon
ein Wahnsinn! Als ich auf dem Podium stand und das gepunktete Trikot
überreicht bekam, sind Kindheitswünsche wahr geworden. Wirklich: Davon habe
ich ein Leben lang geträumt – die Tour war immer mein Traum, und momentan
lebe ich ihn.
Hat das gepunktete Trikot einen Ehrenplatz in Ihrem Hotelzimmer bekommen?
Kohl:
Und ob! Ich hab' es so auf den Sessel gehängt, dass ich es von jeder Ecke
des Zimmers sehen konnte. Als ich wach geworden bin, hab' ich gleich
hingeschaut und wusste: Das alles ist wahr, ich hab' also nicht geträumt!
Ich freue mich schon, wenn ich mein Bergtrikot im Rennen das erste Mal
offiziell tragen darf.
Möglich, dass Sie es sogar gegen das Gelbe tauschen dürfen – wie sehen
Sie Ihre Chancen in der Gesamtwertung?
Kohl: Am Sonntag hatte
ich den vielleicht stärksten Tag in meiner Karriere, das war einer dieser
speziellen Momente. Natürlich weiß ich, dass jetzt sehr viel möglich ist.
Denn die ersten Sechs der Gesamtwertung befinden sich auf nahezu gleichem
Niveau. Da entscheidet dann die Tagesform – wie gut man geschlafen hat, ob
man unterwegs genug gegessen hat. Das ist ein Promillebereich, und es kann
noch sehr viel passieren. Man kann auch einbrechen, einen rabenschwarzen Tag
erwischen oder stürzen, wie ich es nicht einmal am eigenen Leib erlebt habe.
In den Abfahrten muss man ja immer viel Risiko eingehen. Als ich den
brutalen Sturz von Pereiro aus nächster Nähe beobachten musste, hab' ich
wieder einmal gesehen, wie schnell alles vorbei sein kann. Deswegen bleibe
ich dabei: Mein Ziel ist eine Top-10-Platzierung in der Gesamtwertung –
alles was darüber kommt, ist reine Zugabe. Denn eigentlich habe ich meine
Erwartungen bereits übertroffen.
Wissen Sie eigentlich, dass Sie bereits von Insidern wie dem ehemaligen
Toursieger Bjane Riis als Mitfavorit gehandelt werden?
Kohl:
Das ist gewaltig, aber es ist eine neue Erfahrung, mit der ich erst lernen
muss, umzugehen. Wie gesagt: Ich schaue von Tag zu Tag.
Wie sehr belastet Sie die Doping-Problematik?
Kohl: Man
muss bei der Tour hundertprozentig fokussiert sein. Ich versuche, diese
Problematik wegzuschalten und mich nur auf das Sportliche zu konzentrieren.
Man ist drei Wochen lang in einem Ausnahmezustand, da muss man sich
abschotten können. Und das ist, glaube ich, eine Stärke von mir.
Bekommen Sie die Tour-Euphorie mit, die plötzlich in Österreich herrscht?
Kohl:
Natürlich habe ich davon gehört – und davon, dass ich das Sommermärchen, das
im Fußball nicht so geklappt hat, nachholen soll. Ich werde mein Bestes
dafür geben!
Ergebnisse von der 95. Tour de France am Sonntag
- 15. Etappe: Embrun - Prato Nevoso/Italien (183 km):
1. Simon Gerrans (AUS) Credit Agricole 4:50:44 Stunden
2. Egoi
Martinez (ESP) Euskaltel + 0:03 Min.
3. Danny Pate (USA)
Garmin Chipotle 0:10
4. Jose Luis Arrieta (ESP) AG2R 0:55
5. Bernhar
Kohl (AUT) Gerolsteiner 4:03
6. Carlos Sastre (ESP) Team
CSC Saxo Bank gleiche Zeit
7. Alejandro Valcerde (ESP) Caisse
d'Epargne 4:12
8. Denis Mentschow (RUS) Rabobank 4:23
9. Fränk
Schleck (LUX) Team CSC Saxo Bank 4:41
10. Christian Vandevelde
(USA) Garmin Chipotle 4:43.
Weiter: 13. Cadel Evans (AUS)
Silence-Lotto 4:50
Gesamtwertung nach 15 von 21 Etappen:
1. Schleck 63:57:21 Stunden
2. Kohl 0:07 Min.
zurück
3. Evans 0:08
4. Mentschow 0:38
5. Vandevelde
0:39 - 6. Sastre 0:49
7. Kim Kirchen (LUX) Columbia 2:48
8. Wladimir
Efimkin (RUS) AG2R 3:36
9. Valverde 4:11
10. Samuel
Sanchez (ESP) Euskaltel 4:34
Berg-Gesamtwertung:
1. Kohl 85 Punkte
2. Sebastian
Lang (GER) Gerolsteiner 60
3. Martinez 50
4. Gerrans
50
5. F. Schleck 46
Foto (c) GEPA