Der Ex-Manager von Kohl wurde bei seiner Rückkehr aus Florida verhaftet. Ihm drohen auf Grund des neuen Dopinggesetzes bis zu fünf Jahre Haft.
Der wegen Dopings zwei Jahre gesperrte Radprofi Bernhard Kohl hat seinen ehemaligen Manager Stefan Matschiner extrem schwer belastet. Der 27-jährige Niederösterreicher gab an, von dem am Dienstag in den Morgenstunden von Ermittlern der "SoKo Doping" festgenommenen Manager seit 2005 mit verbotenen Mitteln und Methoden versorgt worden zu sein. "EPO, Wachstumshormone, Testosteron und Insulin", nannte Kohl neben Blutdoping.
Das EPO-Nachfolgeprodukt CERA, das dem ursprünglichen Dritten der Tour de France 2008 bei Nachkontrollen nach der Frankreich-Radrundfahrt zum Verhängnis geworden ist, habe er aber nicht von Matschiner bezogen. "Ich habe alles gesagt, was ich zu Matschiner und meinem CERA-Lieferanten sagen kann. Mein CERA-Lieferant war nicht Matschiner. Ich habe alle Namen, alle mir bekannten Hintermänner genannt, will diese aber aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht öffentlich machen", betonte Kohl.
Kunde von Humanplasma
Der gefallene Radstar sorgte dann aber
doch noch für einen echten Knalleffekt: Als erster Sportler gestand er, dass
er ein Blutdoping-Kunde in der Wiener Plasmapherese-Station Humanplasma im
9. Bezirk gewesen sei. "Ich war dreimal bei Humanplasma, jeweils in
Begleitung von Matschiner", erklärte Kohl.
Mit seinen schweren Anschuldigungen gegen seinen Ex-Manager Stefan Matschiner ist auch wieder die Wiener Plasmapherese-Station "Humanplasma" in die Schlagzeilen geraten. Die Firma Humanplasma war im Jänner 2008 erstmals im Zusammenhang mit Doping in Medien aufgetaucht. Ein Verfahren gegen zwei Ärzte ist von der Staatsanwaltschaft Wien aber am Dienstag vor einer Woche (24. März) aus rechtlichen Gründen eingestellt worden. Der Vorwurf lautete: In den Räumlichkeiten von Humanplasma soll mehreren höchst prominenten Sportlern Blut entnommen und nach entsprechenden Vorgaben aufbereitet worden sein. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte seit Mitte Jänner daher gegen einen Wiener Transfusionsmediziner, der als Konsulent für Humanplasma tätig war, und einen Oberarzt, der gemeinsam mit diesem eine Blutbank betrieben haben soll, wegen möglicher Vergehen gegen das Arzneimittelgesetz ermittelt. Den Ärzten kam zugute, dass sie nicht nach dem am 1. August 2008 in Kraft getretenen Anti-Doping-Gesetz belangt werden konnten, weil sie ihre möglichen Verfehlungen vor diesem Zeitpunkt gesetzt hatten. Eine Rückwirkung ist bei Strafgesetzen grundsätzlich nicht vorgesehen, so dass das Verhalten der Mediziner lediglich nach dem Arzneimittelgesetz zu prüfen war. Die nunmehrige Rechtslage enthält demgegenüber mit dem Paragraf 22 im Anti-Doping-Gesetz eine Bestimmung, die auch Blutdoping und nicht bloß jene Formen von Doping, bei denen Arzneimittel zur Anwendung gelangen, explizit unter Strafe stellt. |
Laut seinem Anwalt Manfred Ainedter war Humanplasma der "Ausgangspunkt, dort wurde Blutdoping betrieben", betonte der Star-Jurist. Dass im Zuge der Ermittlungen gegen Humanplasma "nichts herausgekommen ist", liege laut Ainedter daran, dass damals noch nicht das neue verschärfte und mit 1. August 2008 in Kraft getretene Anti-Doping-Gesetz, das ab diesem Zeitpunkt auch Blut- und Gendoping unter Strafe stellt, anwendbar gewesen sei.
Blutzentrifuge im Haus Matschiners
Dadurch, dass im Zuge des
Dopingskandals um österreichische Biathleten und Langläufer bei den
Olympischen Winterspielen 2006 in Turin auch Humanplasma ins Visier der
Ermittlungsbehörden geraten war, musste "Matschiner die Agenden
übernehmen", wie es Ainedter ausdrückte, um dann zu
konkretisieren: Matschiner habe eine Blutzentrifuge - "zum Teil
erworben von Humanplasma" - beschafft, die dann im Haus des Managers in
Laakirchen stationiert worden sei. "Dort wurden neben Kohl auch andere
Sportler behandelt", sagte Ainedter.
Neues Dopinggesetz anwendbar
Zur Anschaffung des
Blutdoping-Geräts machte Kohl folgende Angaben: "Mein Anteil für
die Anschaffung der Zentrifuge hat 20.000 Euro betragen. Sie wurde von
insgesamt drei Sportlern bezahlt. Andere Sportler, die sie dann auch benutzt
haben, haben ebenfalls mitgezahlt." Insgesamt "50.000 Euro"
haben ihm Matschiners Dienste von 2005 bis zur Trennung im Herbst 2008
gekostet. Der letzte Bluttransfer bei Kohl durch Matschiner fand bei Kohl
laut seinem Anwalt "im September 2008" statt, womit für Matschiner
bereits das neue Anti-Doping-Gesetz, das Haftstrafen bis zu fünf Jahren
vorsieht, anwendbar wäre. Die Weitergabe von Dopingmittel erfolgte dagegen
laut Kohl nicht nach dem 1. August 2008.
Kein direkter Kontakt zu Zoubek
Mit dem ebenfalls der Weitergabe
von EPO verdächtigen Wiener Kinderkrebsarzt Andreas Zoubek habe es dagegen
keinen Kontakt gegeben. "Dr. Zoubek kenne ich nicht persönlich, sondern
nur über Erzählungen von Matschiner", lautete Kohls Antwort
auf eine diesbezügliche Frage.
Dass er endlich reinen Tisch machen und die Wahrheit sagen wollte, diese Idee reifte in Kohl in den Wochen nach seinem tränenreichen Doping-Geständnis am 15. Oktober, als Matschiner auf dem Podium noch schulterklopfend neben ihm gesessen war. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll habe ihm geraten, sein Gewissen zu erleichtern und einen Anwalt aufzusuchen. So kam es dann auch zum Kontakt mit Ainedter.
Staatsanwaltschaft seit Dezember informiert
"Er ist am 19.
Dezember des Vorjahres zu mir gekommen und hat alles gesagt, was er wusste",
sagte Ainedter, der danach die Staatsanwaltschaft Wien darüber informierte. "Dort
hieß es zunächst, dass es willkommen ist, wenn er sein Gewissen erleichtern
wolle, aber es ist nicht essenziell für die Doping-Ermittlungen, da ja
Blutdoping erst seit 1. August 2008 strafbar ist", erklärte der Jurist,
warum die Staatsanwaltschaft zunächst nicht sonderlich interessiert am
Kohl-Geständnis gewesen sei.
Erst die jüngsten Ermittlungen der "SoKo Doping" hätten das geändert. "Am Montag hat mein Mandat deshalb alles gesagt, was er weiß und für sich reinen Tisch gemacht", erläuterte Ainedter, der hofft, dass Kohl dazu beitragen kann, "Doping zu beenden". Um mit dieser "Sisyphus-Arbeit" erfolgreich zu sein, bedarf es laut Ainedter jedoch einer Verschärfung des Anti-Doping-Gesetzes: "Auch der Konsum, also die Sportler, müssen unter Strafe gestellt werden. Wenn man den Besitz und Konsum von Haschisch unter Strafe stellt, dann muss das auch für Doping gelten."