Trotz Aufholjagd

Fünfsatz-Krimi: Thiem scheidet in erster Runde in Melbourne aus

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Dominic Thiem hat am Montag trotz toller Aufholjagd in der ersten Runde der Australian Open in Melbourne einen Fünfsatz-Krimi verloren.

Der 30-jährige Niederösterreicher steigerte sich nach schwachem Beginn gegen Felix Auger-Aliassime (CAN-27) sehr und erzwang gegen die Nummer 30 der Welt nach einem 3:6,5:7-Rückstand noch einen fünften Satz. Nach 4:59 Stunden siegte aber doch der um sieben Jahre jüngere Kanadier, Thiem verlor mit 3:6,5:7,7:6(5),7:5,3:6.

"Im Endeffekt spielt man fünf Stunden und es entscheidet sich in ein paar ganz engen Situationen. Das ist natürlich bitter", resümierte ein enttäuschter Thiem nach 2:15 Uhr früh Ortszeit. "Ich war die ganze Zeit hinten im Match. Dann hat sich im ersten Game im fünften Satz eine kleine Tür aufgetan, wo es 15:40 war. Da hat er aber zweimal gut serviert. Da sieht man wie eng alles zusammen ist. Dann habe ich im zweiten Game das entscheidende Break kassiert."

Grundsätzlich habe er nicht sehr gut begonnen, erklärte Thiem. "Ein bisserl zu viele Fehler und zu verkrampft, dann bin ich gut in die Partie reingekommen. Im vierten, fünften Satz habe ich gut gespielt, das kann ich auf jeden Fall mitnehmen." Gut sei zumindest auch, dass er die ganze Zeit drangeblieben sei. "Fünf Stunden spielt man nicht alle Tage, auch körperlich passt es gut. Natürlich ist es in erster Linie sehr bitter jetzt."

Auger-Aliassime: "Diese Matches sind verrückt"

Während Thiem am Ende zumindest mit der Erkenntnis vom Platz gehen konnte, dass er topfit ist, wurde Auger-Aliassime von den verbliebenen Fans gefeiert. "Diese Matches sind verrückt, du gehst durch so viele Emotionen. Das ist der Sport, manchmal ist es nervig. Am Ende wollte ich mental nicht versagen, wollte mir nichts vorwerfen", sagte der Kanadier.

Bei 5:2 im Tiebreak des dritten Satzes hätte er das Match fast zwei Stunden früher beenden können. "Ehrlich gesagt, keine guten Dinge", gestand Auger-Aliassime über seine Gedanken. "Aber wir versuchen auf dem Platz auch gute Schauspieler zu sein." Mit 4:59 Stunden war es das längste Match seiner Karriere. "Es war ein großes Spiel, an das ich mich noch oft erinnern werde."

Für Thiem blieb der erhoffte Aufschwung im neuen Jahr gerade auf Major-Ebene, auf der viele Punkte auf dem Spiel stehen, somit aus. Vor drei Jahren stand er in Melbourne noch im Achtelfinale, vor vier Jahren im Endspiel. Doch seit den French Open 2021 hat er in nun acht Majors in Folge nur bei den US Open im Vorjahr eine Runde überstanden.

Aufregung schon vor Matchbeginn

Schon vor Matchbeginn gab es auf dem Platz kurz Aufregung, weil der Supervisor Thiems gebrandete Trinkflaschen nicht akzeptierte, denn Werbung ist nicht erlaubt. Auch im Match lief es für den Niederösterreicher lange nicht nach Wunsch. Bis zum 4:3 ging es mit dem Aufschlag, allerdings zeigte sich Thiem auch fehlerhaft, was sich später in der Satzbilanz Winner zu unerzwungenen Fehler zeigte (6:8). Auger-Aliassime nutzte im achten Game den zweiten Breakball dieses Matches zum 5:3 und servierte verdient mit einem Ass nach 45 Minuten zur Satzführung aus.

Thiem wirkte verunsichert. Im dritten Spiel des zweiten Durchganges musste der Ex-Weltranglisten-Dritte nach vielen Eigenfehlern seinen Aufschlag zum 1:2 abgeben. Der Ex-US-Open-Sieger wirkte planlos, auch seine Beinarbeit war weit von seinen besten Zeiten entfernt. Auger-Aliassime gab zu dem Zeitpunkt aber überraschend selbst den Aufschlag zum 2:2 ab und Thiem fand etwas besser ins Spiel.

Doch der viel zu inkonstante Thiem machte einfach zu viele Fehler, konnte sich auf seine Vorhand nicht verlassen und ließ auch nicht wirklich eine Taktik erkennen. Als er bei 5:5 und 40:0 seinen Aufschlag zum 5:6 abgeben musste, schien die Vorentscheidung gefallen. Nach knapp zwei Stunden stellte der Kanadier mit 7:5 die 2:0-Satzführung her.

Sechs Aufschlag-Gewinne zum 6:5

Im dritten Durchgang schaffte Thiem die erforderlichen sechs Aufschlag-Gewinne zum 6:5 und Auger-Aliassime, der zuvor bei 5:4 die einzige Breakchance ausgelassen hatte, musste gegen den Satzverlust servieren. Das schaffte er zu Null und es ging nach drei Stunden ins Tiebreak. Thiem ging in diesem mit 2:0 in Führung. Als Auger-Aliassime aber mit fünf Punkten en suite auf 5:2 stellte, stand Thiem zwei Punkte vor dem Aus. Doch ein Doppelfehler und zwei Vorhandfehler des Nordamerikaners brachten Thiem den Satz- und nicht Auger-Aliassime den Matchball. Thiem schaffte es nach 3:11 Stunden tatsächlich noch, sich in Satz vier zu retten.

Er konsolidierte sich immer besser, schaute auch in den Rallyes besser und konstanter aus. Es war eine Wandlung wie im Filmklassiker "Dr. Jekyll und Mr. Hyde", Thiem war nicht wiederzuerkennen. Ein Hinweis, dass sich viele Dinge bei Thiem im Kopf abspielen. Ihm gelang sofort ein Break, das er zum 2:0 auch bestätigte. In der Folge servierte Thiem u.a. dreimal zu Null und war klar auf Kurs fünfter Satz. Bei 5:4 musste Thiem etwas überraschend das Rebreak hinnehmen, schaffte aber zum 6:5 erneut das Break. Nach 4:14 Stunden servierte sich Thiem in den fünften Satz.

Er schien auf bestem Wege, zum fünften Mal in seiner Karriere aus einem 0:2-Satzrückstand noch einen Sieg zu machen. Dies war ihm im US-Open-Finale 2020 gegen Alexander Zverev (GER) und in der dritten Melbourne-Runde 2021 gegen Nick Kyrgios (AUS) gelungen.

Das Match kippte erneut

Doch das Match kippte neuerlich. Thiem vergab im Auftakt-Game zwei Breakbälle und musste u.a. nach zwei Doppelfehlern sein erstes Aufschlag-Game zum 0:2 abgeben. Das war die Entscheidung: Im gleichen Maße steigerte sich Auger-Aliassime wieder und der Kanadier stellte auf 4:1. Der Kanadier ließ sich nicht mehr von der Siegerstraße drängen.

Für Thiem geht es nun zurück nach Europa und mit dem ÖTV-Team Anfang Februar nach Irland. "Ich werde jetzt Davis Cup spielen, dann ein UTS-Event und dann wahrscheinlich Doha, Dubai. Dann geht es rüber nach Amerika. Jetzt muss ich einmal kurz die Niederlage verdauen, dann geht es eh schon Schlag auf Schlag weiter."

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