Trashig, tragisch, werktreu

Wagners "Ring" im Wiener Rabenhof

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Mime Stefan Kaminski präsentiert noch bis Samstag alle Rollen derTetralogie.

Wagnerianer, auf in den Wiener Rabenhof! - ein Satz, den man wohl nur selten in dieser imperativen Deutlichkeit formulieren kann. Diese Woche gilt die Empfehlung jedoch uneingeschränkt, ist im Rabenhoftheater doch der gesamte "Ring" Richard Wagners zu erleben - mit dem deutschen Schauspieler Stefan Kaminski als einzigem Darsteller. Der im Synchronfach erfahrene Künstler schafft es, lediglich von zwei Musikern flankiert, DAS Monumentalwerk der Opernliteratur als Kondensat mit vielstimmigem Chorus vor den inneren Augen der Zuschauer entstehen zu lassen - ohne dabei Wagner'sche Musik zu verwenden.

Alle Rollen für einen Mimen

Kaminski schlüpfte zum "Rheingold"-Auftakt am 19. März in die hauchenden Rheintöchter im Wasser, hauchte dem lüsternen Zwerg Alberich ebenso Leben ein wie dem donnernden Wotan oder der zickenden Fricka. Dabei bleibt der 1974 geborene Schauspieler erstaunlich nah am Libretto, das über weite Strecken wörtlich und nur punktuell paraphrasiert das narrative Grundgerüst des Abends bildet. So kostet Kaminski konsequent Wagners Alliterationen aus.

Urgewalt im Rabenhof  

Dabei bleibt er allerdings nicht auf seine Stimme alleine beschränkt, handelt es sich bei seinem "Ring"-Zyklus doch um ein vieltönendes Hörspiel. Da rasseln die Ketten, hämmern die berlinernden Arbeiterriesen Fafner und Fasolt auf Steine oder dient ein Küchengerät als Mischmaschine. Klanglich präsentiert Kaminski eine Urgewalt, die zu Wagner passt. Dabei würde der Abend auch im Radio funktionieren, wobei den Zuhörern dann die visuellen Leitmotive entgingen, wenn Loge stets ein Streichholz entzündet, Fafner und Fasolt einen Bauhelm aufhaben oder Wotan zum Speer greift, wenn er spricht.

Auch Musik von großer Bedeutung für "Ring"

Zugleich spielt die Musik eine tragende Rolle - allerdings anders als bei Wagner. Hella von Ploetz und Sebastian Hilken umspielen Kaminski mit Kontrabass, Percussion und Keyboard, mal Pop, mal Synthesizerelektroklänge und fallweise auch kleinste Wagnerrudimente intonierend. Der listige Halbgott Loge rappt sogar. Ein multimedialer Kosmos auf kleinstem Raum also, den "Kaminski ON AIR" da eröffnet - mal trashig, mal tragisch und immer werktreu im tieferen Sinne. Die drei ausständigen Teile der Wagner'schen Tetralogie sind nun noch bis Samstag im Rabenhof zu erleben.

Nibelungenlied voll im Trend  

Auch sonst scheint das Nibelungenlied im Trend, hatte doch 2010 Justus Neumann im Dschungel Wien sämtliche Rollen des der Oper zugrunde liegenden Epos nachgespielt. Im Wiener Theater im Zentrum feiert am 16. April das Epos in der Bearbeitung von Gerald Maria Bauer und Thomas Birkmeir seine Premiere, wobei man hier auf mehrere Schauspieler zurückgreift. Auf Schloss Ennsegg in Enns ist man schon einen Schritt weiter und begeht am 4. April die Premiere von Teil 2 der Sage. "Kriemhilds Rache" basiert auf dem Buch von Herbert Walzl und wird vom Theater Sellawie mit der Musik von Wiff Enzenhofer präsentiert.

Info
"Der Ring des Nibelungen" von Kaminski ON AIR im Theater Rabenhof. Hier die Einzelnen Vorstellungen: "Walküre" am Mittwoch (20. März), "Siegfried" am Freitag (22. März), "Götterdämmerung" (23. März). Karten gibt es unter www.rabenhoftheater.com.

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