Erlag Lungentumor

Schlingensief verlor Kampf gegen Krebs

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Bis zuletzt focht Schlingensief in seinen Bühnenaktionen und im „Krebstagebuch“ gegen die Krankheit an. Jetzt verlor er seinen Kampf.

 

Am Samstag hätte bei der Ruhrtriennale in Mülheim eine Premiere von Christoph Schlingensieg mit dem Titel S.M.A.S.H – in Hilfe ersticken Premiere haben sollen. Doch hatte der Theater-Aktionist sie wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bereits Anfang Juli abgesagt.

Ebenfalls am Samstag bestätigte der Pressesprecher der Ruhrtriennale auf Anfrage von ÖSTERREICH den Tod Schlingensiefs. Der Nichtraucher war an den Folgen eines Tumors in der Lunge erst 50-jährig gestorben.

„So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“
Zuletzt hatte der Künstler-Allrounder noch ein Krebstagebuch mit dem wunderschönen Titel "So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein" veröffentlicht. Auch in seiner Oper Mea Culpa – sie wurde erfolgreich im Wiener Burgtheater aufgeführt – hatte sich Schlingensief mit dem Thema Krebs und den Lügen der Gesundheits-Industrie auseinandergesetzt.

Container, Jelinek-Regie und Bayreuth-Coup
Zu Beginn seiner Karriere wurde der Apothekersohn aus Oberhausen als „Enfant terrible“ angesehen: Medialer Höhepunkt war seine Einladung an vier Millionen deutsche Arbeitslose, im Wolfgangsee zu baden und das Urlaubsdomizil von Kanzler Helmut Kohl zu fluten.

Vor der Wiener Staatsoper erregte seine das Big Brother-Prinzip persiflierende Container-Aktion Ausländer raus! Aufsehen. Und im Grazer Schauspielhaus forderte Schlingensief im Jahr 2000 „Tötet Wolfgang Schüssel!“ Spätestens seit seinen Theater-Inszenierungen – etwa Elfriede Jelineks Bambiland im Akademietheater – und der „Adelung“ zum Bayreuth-Regisseur (Parisfal, 2004–2007) galt Schlingensief aber als ernst zu nehmender Kunstbetriebs-Künstler.

Mega-Projekt in Afrika
Seit Jänner 2009 arbeitete Schlingensief an seinem Projekt Festspielhaus Afrika. Im westafrikanischen Ouagadougou wurde heuer im Februar der Grundstein für das Megaprojekt gelegt.

Anfang 2008 war bei Christoph Schlingensief Lungenkrebs diagnostiziert worden. In der Folge wurde ihm der linke Lungenflügel entfernt. Im Dezember diagnostizierten die Ärzte in der verbliebenen rechten Lunge neu entstandene Metastasen. Nach einer neuerlichen sehr ernsten Diagnose sagte er S.M.A.S.H. ab. Schlingensief, der bis zuletzt auf den Bühnen und Podien dieser Welt gegen seine Krankheit anfocht, hat seinen Kampf nun verloren.

Trauriger Schlingensief-Brief an Ruhrtriennale
„Es gibt jetzt leider ein paar harte Neuigkeiten, denen sofort nachgegangen werden muss!“, schrieb Christoph Schlingensief an seine Kollegen bei der Ruhrtriennale. „Meine Ängste während unserer letzten Produktion Via Intolleranza II haben sich leider bestätigt, und schon diese Arbeit war ein harter Kampf.“

„Es ist für uns alle sehr bitter ... aber ich sehe nach sehr gründlichen und traurigen Überlegungen: diese Arbeit zu diesem Zeitpunkt würde keine Kraftspende, sondern nur ein höchst riskantes ,Spielchen‘ werden, das nur den einen Zweck hätte, nämlich so zu tun, als wäre die beste Therapie: Augen zu und durch.“

„Wieder bei der Ruhrtriennale arbeiten zu können, die mir schon vor zwei Jahren zu Beginn dieser nicht enden wollenden Krise sehr geholfen hat, wäre für mich eine große Ehre gewesen! Aber nun heißt es, schnell auf die neuen Befunde reagieren, und dann erst sehen wir weiter. Ich danke Euch allen und vermisse Euch schon jetzt! Ich hoffe sehr, dass wir die jetzt entstandene Situation bewältigen werden. Euer Christoph!“

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