Der Jubel über den historischen Sieg kennt keine Grenzen. Teamchef Brückner gilt als "Vater des Wunders" und neuer Liebling der Nation.
Ohrenbetäubend laut hallten die Sprechchöre aus knapp 50.000 Kehlen durchs brodelnde Oval des Happel-Stadions. Mit voller Kraft donnerte ein Name wieder und wieder von den Tribünen: „Karel Brückner, Karel Brückner!“
Nur Augenblicke zuvor hatte Andreas Ivanschitz mit seinem Elfmetertor die Sensation perfekt gemacht – 3:1 gegen die Grande Nation Frankreich. Der erste Sieg gegen die „Bleus“ seit 38 Jahren! Der neue Teamchef Karel Brückner hat den Rot-weiß-roten das Tore schießen wieder gelernt, er ist schon jetzt so etwas wie der „Wunder-Heiler“ des heimischen Fußballs.
Doch während das Stadion kochte, blieb der 68-jährige wie immer cool und zurückhaltend. Nach dem Spiel meinte er zu den Gesängen mit trockenem Humor bescheiden: „Ach, ich habe es gehört, das war nur meine Familie.“ Und von Jubel wollte er nichts wissen. Nur soviel: „Das war wirklich gute Arbeit“.
Neue Effizienz
Dabei ist der Tscheche der „Weiße Vater“ des
österreichischen Erfolgs. Seine Veränderungen in der Aufstellung machen sich
bemerkbar, der Klassikliebhaber dirigiert seine Spieler perfekt: Bei
Standardsituationen war das Team brandgefährlich, die Verteidigung stand
hinten bombensicher, die Effizienz war atemberaubend.
„Kann laut werden.“
Was ist das für ein Trainer, der
aus einem starken aber meist erfolglosen Team in wenigen Wochen eine
schlagkräftige Truppe macht? Einer, der das wissen muss, ist der ehemalige
tschechische Nationalspieler Vratislav Lokvenc. 74 Mal spielte er im Dress
der Tschechen, von 2002 bis 2006 unter Brückner. Davor waren die Tschechen
als undisziplinierter Haufen berüchtigt, danach waren sie Nummer zwei der
FIFA-Weltrangliste. Lokvenc (er kickte 2005 bis 2008 auch für Salzburg) im
ÖSTERREICH-Gespräch über Brückners Stil: „Er hat große Erfahrung und bleibt
meistens sehr ruhig.“ Nachsatz: „Aber nur, wenn es gut läuft. Wenn nicht,
dann kann er in der Kabine schon richtig laut werden.“ Mit Brückner
qualifizierte sich Tschechien für alle großen Turniere, rückte in der
FIFA-Weltrangliste zeitweise sogar auf den zweiten Platz vor. Ist so etwas
auch mit Österreich möglich? Lokvenc: „Die Österreicher haben gegen
Frankreich gespielt wie wir damals: Hinten perfekt stehen, schnell nach
vorne spielen. Damit hat jedes Team der Welt Probleme. Österreich kann viel
erreichen.“
Brückner ließ es am Tag nach dem Riesen-Erfolg ruhig angehen. Beim DVD-Schauen im Hilton in Wien. Nach Hause ins 276 Kilometer entfernte Olmütz konnte er nicht fahren, am Dienstag reist das Team schon wieder nach Litauen, wo am Mittwoch das nächste Qualifikations-Match steigt.
Die Erwartungen sind jetzt riesig. Und danach freut sich das ganze Land auf das Spiel im Oktober gegen Serbien. Liebend gerne würden wir dann einen Sieg wieder mit lautstarken „Karel Brückner!“-Chören feiern.