Tennis-Talk:

Boris Becker hält Rückkehr von Thiem in Top Ten für möglich

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"Wenn er bereit ist, den Preis dafür zu zahlen, den er vorher dafür gezahlt hat" - Einstellung wichtiger Faktor - Supercoach wäre für Thiem "sicherlich von Vorteil"

Ende Oktober 2021 war Dominic Thiem als Neunter letztmals in den Top Ten der Weltrangliste vertreten. Ob die Rückkehr dorthin gelingen wird, wird die Zukunft zeigen. Ex-Tennis-Star Boris Becker traut es dem Niederösterreicher zu. "Ich bin überzeugt, dass er das Tennis spielen nicht verlernt hat, und er nach wie vor in die Top Ten kommen könnte, wenn er bereit ist, den Preis dafür zu zahlen, den er vorher dafür gezahlt hat - was auch immer das war", sagte der Deutsche.

Becker auf Kurzbesuch in Wien

Boris Becker und Thomas Muster

Boris Becker und Thomas Muster

© Gepa
× Boris Becker und Thomas Muster

Becker war am Dienstag bei diversen Terminen im Rahmen der Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle als Gesprächspartner gefragt, u.a. auch bei "Tom's Talk" mit Österreichs Legende Thomas Muster. Auch der Steirer erkundigte sich bei Becker über seine Sicht zu Thiem. Laut Becker sei die Einstellung ein ganz wesentlicher Faktor. "Grundsätzlich hat er sich sehr schwer verletzt, das war bei uns auch so. Die Frage ist, warum kommt man wieder, warum will man wieder Tennis spielen, wie ist die Einstellung", fasste der 55-Jährige zusammen.

Den ersten Grand Slam zu gewinnen sei schwierig, den zweiten zu gewinnen schwieriger. Zuerst in die Top Ten oder Top Fünf zu kommen sei schwierig, das zu bestätigen und eine Konstanz in der Weltspitze zu halten sei schwieriger. "Damit verbunden ist ein hoher Preis, den man privat, aber auch beruflich zahlen muss. All das muss er für sich beantworten", verlautete Becker. Er selbst würde sich zwar als "Freund von Thiem" bezeichnen, sei aber nicht in seinem Umfeld dabei, um genauer auf die Situation eingehen zu können.

Dominic Thiem

Dominic Thiem

© Gepa
× Dominic Thiem

Eines ist für Becker aber klar. "Er ist körperlich wieder in der Lage sein bestes Tennis zu spielen." Thiem war schon die Nummer drei der Welt, mit den US Open 2020 gelang ihm auch ein Triumph auf Grand-Slam-Ebene. Das war allerdings zugleich der letzte Turniersieg des Lichtenwörthers, den eine Handgelenksverletzung und zuletzt auch gesundheitliche Probleme zurückgeworfen hatten.

Zverev als Musterbeispiel

"Nach einer Verletzung ist es schwierig, schnell wieder zurückzukommen. Viele tun sich damit schwer, aber wenn er das Herz am richtigen Fleck hat, und die Leidenschaft und Einstellung passen, dann ist es für mich eine Frage der Zeit, bis er wieder an die Weltspitze zurückkommt. Noch ist er nicht da und hat noch einen Weg vor sich", analysierte Becker. Als Beispiel könne er sich Alexander Zverev nehmen, der am Montag Sebastian Ofner in der 1. Wien-Runde bezwungen hat. Der Deutsche spiele nach seiner Verletzungspause dank der nötigen "Hartnäckigkeit und Besessenheit" wieder absolutes Weltklassetennis.

"Das spricht für seinen Charakter, seine Mentalität und seine Einstellung. Er würde sich zurecht für die ATP Finals in Turin qualifizieren", sagte Becker. Er ist derzeit enorm im Stress, da er erst kürzlich seine Tätigkeit als Supercoach von Holger Rune übernommen hatte. Deshalb saß der sechsfache Grand-Slam-Sieger am Dienstagnachmittag auch schon wieder im Flugzeug Richtung Basel um dort seinen Schützling zu coachen.

"Ich bin ganz und gar Trainer, gestalte das Training, entscheide wie viel gespielt wird, gehe auch in die Match-Vorbereitung. Sicher gibt es immer wieder Assistenten, aber das Training leite ich, sonst kann ich ja die Verantwortung nicht übernehmen", gab Becker Einblick. Die Bezeichnung Supercoach sei nicht von ihm, sondern von den Medien gekommen. "Man kann auch sagen erfahrener Trainer, der schon viel erlebt hat", so Becker. Auch für Thiem würde die Installierung eines solchen Trainers "bestimmt keine Nachteile haben, sicherlich von Vorteil sein."

Rieger der Superstars

Becker war in der Vergangenheit auch schon Coach von Novak Djokovic. Der Serbe ist mit 24 Grand-Slam-Triumphen das Maß aller Dinge. "Bei Novak ist der Sky das Limit, von sich wird er nicht mit dem Gewinnen aufhören. Die Konkurrenz ist gefragt", sagte Becker. Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer hätten mit je 20 oder mehr Grand-Slam-Siegen für eine "außergewöhnliche" Tennis-Zeit gesorgt, die es so nie wieder geben werde. Das auch aufgrund des oftmals fehlenden gesunden Menschenverstandes im Zirkus. "Die Erwartungshaltung im Umfeld von jungen Spielern ist illusorisch", betonte Becker.

Zudem schlafe die Umkleidekabine, sprich die Konkurrenz, nicht. Das aktuelle Wien-Turnier bezeichnete Becker vom Starterfeld als "hochkarätig". Es gebe kein leichtes Spiel in der 1. Runde. Einen Favoriten traute sich der Wien-Sieger von 1996 nicht nennen. "Dafür ist es zu früh."

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