Der Wirbel um die Entlassung von Christian Horner als Teamchef bei Red Bull Racing war nur die Spitze des Eisbergs. Nicht nur in der Formel 1 geht es sportlich bergab. Das Erfolgs-Imperium droht auseinanderzufallen.
Dabei hat der Energy-Konzern noch vor zwei Jahren in weiten Teilen der Sport-Welt den Ton angegeben: In der Formel 1 führte kein Weg an Max Verstappen vorbei, im Fußballplatz waren Salzburg und Leipzig gefürchtete Gegner. Selbst in der MotoGP war man mit KTM drauf und dran, die Superstars von Ducati auf die Hörner zu nehmen. Groß auch die Pläne im Radsport: Red Bull kaufte sich beim deutschen Profi-Team Bora-hansgrohe ein und holte Superstar Primoz Roglic. Im Eishockey war man mit den Vereinen in München und Salzburg im europäischen Spitzenfeld. Und sogar im Skisport gelang gewann Henrik Kristoffersen mit dem (abgeklebten) Bullen am Van-Deer-Ski auf Anhieb Slalom-WM-Gold.
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Seither geht es bergab. Genau genommen seit dem Tod von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz am 22. Oktober 2022. Der Mann, der die Marke zu einer der größten der Welt gemacht hat, hinterließ vor allem in der Sport-Sektion eine große Lücke, die bis heute nicht geschlossen werden konnte. Einerseits tobten es seit seinem tragischen Ableben Machtkämpfe hinter den Kulissen. Auf der einen Seite hatte plötzlich Chaleo Yoovidhya, der bis 20. Mai 2025 mit 51 Prozent Mehrheits-Teilhaber am Red-Bull-Imperium war (2% wurden an eine Schweizer Trauhandfirma überschrieben), das Sagen. Doch Mateschitz-Erbe Mark (49%-Teilhaber) wollte das Lebenswerk seines Vaters nicht aufgeben bzw. weiter mitbestimmen.
Mitte November 2022 wurde Oliver Mintzlaff als neuer Sport-Boss in Fuschl vorgestellt. Dennoch begann genau da der große Absturz in allen Bereichen. Mintzlaffs größter Coup war die Verpflichtung von Jürgen Klopp als "Head of Global Soccer" mit Anfang 2025. Doch auch da blieben die großen Erfolge bisher aus.
Formel 1: Schlüsselfiguren verlassen Rennstall
In der Motorsport-Königsklasse blieb beinahe kein Stein auf dem anderen. Einzig Motorsport-Berater Helmut Marko, ein langjähriger Vertrauter von Dietrich Mateschitz, ist von den Schlüsselfiguren noch dabei. Im Vorjahr rettete Max Verstappen noch den WM-Titel, heuer (nur 2 von 12 GP gewonnen) war der Holländer gegen die McLaren-Übermacht (8 Siege) chancenlos.
Unter Horner, der Anfang 2024 mit einer Chat-Affäre für einen Skandal gesorgt hatte, verließen Top-Leute den Konzern. Allen voran Star-Designer Adrian Newey (jetzt Aston Martin), seit dessen Abschied die Bullen nur noch sieben Siege in 32 Rennen holen konnten. Schon im Mai 2023 hatte sich Rob Marshall zu McLaren verabschiedet - die Briten fahren inzwischen allen um die Ohren. Sportdirektor Jonathan Wheatley verließ den österreichischen Rennstall Richtung Sauber und bereitet mit Audi den Einstieg in die Formel 1 vor. Mit Horner verlassen jetzt Paul Smith und Oliver Hughes auch zwei weitere verdiente Mitarbeiter das Team. Die Kommunikations- und Marketingdirektoren galten als enge Vertraute des 51-jährigen Briten.
Bis 2023 war mit Franz Tost ein weiterer Österreicher einer der mächtigsten Männer bei den Bullen. Doch im Rahmen des internen Machtkampfes wurde der Teamchef von Ausbildungs-Team Alpha Tauri (mittlerweile Racing Bulls) im November 2023 in Pension geschickt. Sein Nachfolger Laurent Mekies beerbt jetzt Horner im Einser-Team und soll den Rennstall zurück zu alter Stärke führen.
Fußball: Bullen historisch schlecht
Auch "König Fußball" wurde vom Krisen-Virus infiziert. In Salzburg ging seit 2011 elf Mal das Double aus, in der Saison 2022/2023 holten die Bullen den zehnten Meistertitel in Folge. Doch seither ist die jahrelangen Dominanz futsch. Auch die erfolgreichen Europacup-Nächte (Achtelfinal-Einzug in der Champions League 2022, Europa-League-Semifinale) 2018 sind gefühlt schon lange Geschichte.
Auch hier verließ eine entscheidende Person den Konzern. 2023 wagte Sportdirektor und Mastermind Christoph Freund den Sprung zum großen FC Bayern München. Bernhard Seonbuchner wurde als Nachfolger vorgestellt, nach einem Jahr aber aufgrund anhaltender Erfolglosigkeit durch Rouven Schröder ersetzt.
Ein ähnliches Bild spiegelt sich beim größten Bullen-Verein RasenBall Leipzig wider. Seit dem Bundesliga-Aufstieg von RB 2016 war man in den ersten acht Jahren zwei Mal Vizemeister und drei Mal auf Platz 3. Einzig im zweiten Jahr in der höchsten Spielklasse verpasste man die Champions-League-Qualifikation. Bis zur abgelaufenen Spielzeit, als man mit Rang 7 das schlechteste Ergebnis seit dem Aufstieg erzielte.
MotoGP: Pech mit KTM-Schicksal
2017 ging Red Bull die Partnerschaft mit KTM ein. Nach drei Jahren Aufbauarbeit gelang 2020 der Durchbruch mit drei Siegen und Platz 3 in der WM-Teamwertung. Die folgenden zwei Jahre konnte man jeweils zwei GP-Siege feiern, der bisherige Höhepunkt gelang 2022. In der Team-WM wurde man hinter Ducati Lenovo Vizeweltmeister.
Einhergehend mit der KTM-Pleite ließ auch die Leistung nach. 2023 gab es nur noch acht Podestplätze und einen Sieg im Sprint von Spanien 2024. Der Fortbestand des Teams ist vorerst gesichert. Teamchef Pit Breier hofft auch wieder auf einen Aufschwung, doch derzeit ist Ducati unantastbar und auch Aprilia ist an den Bullen vorbeigezogen.
Auch der große Ansturm auf das Heimrennen am Red Bull Ring bleibt mittlerweile aus. War der Event in vergangenen Jahren noch ausverkauft drohen heuer leere Tribünen, kein Vergleich zur Formel 1!
Eishockey: Salzburg hält die Fahne hoch
Die einzige Bullen-Erfolgsgeschichte, die fast ungehindert weitergeht, ist die von Eishockey-Serienmeister Salzburg in Österreich mit zuletzt vier ICE-Hockey-League-Titeln in Folge. An weitere internationale Erfolg wie den Einzug ins Halbfinale der Champions Hockey League konnte man allerdings nicht mehr anschließen.
Der Schwesterverein in München stürzte nach Meistertiteln 2016, 2017, 2018 und 2023 sowie den Vizemeistertiteln 2019 bzw. 2022 ab und kam in die letzten beiden Jahren nicht mehr über das Halbfinale hinaus.
Radsport: Erfolg nach Einstieg bleibt aus
Trotz ausbleibender Erfolge der Aushängeschilder des Sport-Imperiums stieg Red Bull vor gut einem Jahr auch groß in den Radsport ein. Während man im Mountainbiken schon seit Jahren die besten Athleten sponsert, wagte man nun den Angriff auf der Straße. Bei der Tour de France 2024 wurde die Partnerschaft mit dem deutschen Profi-Team Bora-hansgrohe offiziell - inklusive der Verpflichtung von Superstar Primoz Roglic.
Doch abgesehen vom Gesamtsieg bei der Vuelta España und der Katalonien-Rundfahrt durch den Slowenen warten die Bullen auf die großen Erfolge. 13 Tagessiege bieten noch viel Potenzial zur Verbesserung. Beim wichtigsten Radrennen der Welt, der Tour de France, gab es seit dem Bullen-Einstieg keinen einzigen Sieg. Insider wundern sich, warum hausinterne Top-Fahrer, wie Tom Pidcock oder Wout van Aert, die auch international mehr im Fokus stehen, (noch) nicht bei Red Bull-Bora fahren. Dem Vernehmen nach will man mit dem Belgier Remco Evenepoel (derzeit Quick-Step) einen neuen Anlauf nehmen.
Ski Alpin: Hirscher nimmt neuen Anlauf
Auch die von Rekord-Weltcupsieger Marcel Hirscher gegründete Skifirma Van Deer (nach Bullen-Einstieg "Van Deer - Red Bull Sports") stagnierte nach fulminantem Start (u. a. Slalom-WM-Gold 2023 durch Henrik Kristoffersen). Dass Hirschers PR-trächtiges Comeback von einem Kreuzbandriss unterbrochen wurde, ist bitter. Den Bilanzverlust 2023 von 5,7 Mio. Euro sollte man laut Finanz-Experten angesichts der großen Investitionen (das neue Werk in Scheffau steht vor der Fertigstellung) nicht überbewerten.
Trendsport: Interesse nimmt ab
Bekannt wurde die Marke mit waghalsigen Trendsportarten, wie Klippenspringen oder dem spektakulären Air Race. Die Flug-Rennen wurden nach Unstimmigkeiten mit Dietrich Mateschitz beendet.
Auch einige die früher so beliebte Red-Bull-Events verlieren zunehmend an Aufmerksamkeit.
Jetzt misten die Verantwortlichen um Mark Mateschitz derzeit auf höchster Ebene aus und richten den Konzern neu aus. Mit neuen Flüüügeln will Red Bull in eine neue Ära abgeben!